31. März, im Bus von Quito nach Tena im Amazonas.
Konzentration fällt hier gerade schwer. Zum einen schaukele ich sehr langsam die Berge rauf und runter, zum anderen schaue ich immer wieder hinaus und wie immer läuft in voller Lautstärke ein Film über den Busbildschirm, natürlich in Spanisch.
In Quito bin ich vor zwei Tagen via Flug von den Galapagos angekommen, aus über 35 Grad in die kalte Nässe von Quito mit einem Höhenunterschied von 2850 m.
3. April, in Tena Amazonas!
Schreiben, schreiben und schreiben; die Zeit rennt mir gerade davon. In einer Woche bin ich schon in Madrid und einen Tag später in Hamburg – unglaublich und doch wahr! Mein Plan, mich nicht mit dem Zählen der Tage zu beschäftigen klappt inzwischen so gar nicht mehr. Ständig schaue ich in meinen Kalender, zähle die Tage durch, um zu entscheiden was ich noch unternehmen kann. Notwendig, damit ich auch rechtzeitig am Flughafen stehe.
Noch fehlen mir in meiner Erzählung vier Tage auf Galapagos, die ich durch meinen kleinen Aussetzer dort noch länger verbringen musste. Wo habe ich aufgehört, wo geht es weiter, nicht einfach nach so langer Zeit und die Einträge in meinem kleinen Büchlein sind auch nicht wirklich vollständig. So werde ich zuletzt noch nachlässig.
San Cristobal, viel zu lange musste ich dort bleiben und fing tatsächlich an mich etwas zu langweilen. Einen Tagesausflug unternahm ich mit einem Taxi, das man sich mit ausgehandeltem Preis für die einzige Route auf dieser Insel buchen kann. Zuerst stoppte ich an einem riesigen Ceibo, Kapok Baum, in dem ein ebenso riesiges Baumhaus gebaut war, man könnte darin sogar übernachten. Danach erklomm ich den höchsten Berg, Cerro San Joaquin, mit einem herrlichen Blick über die ganze Insel. Weiter ging es nach Galapaguera, einen Teil des National Parks, indem sich die Giant Turtles befinden; immer wieder grandios diese Tiere sehen zu können. Besonders schön war diese Aufzuchtstation, hier konnte ich zum ersten Mal eine Woche alte Schildkröten sehen, die schon beinahe so groß waren wie meine Handfläche. Danach war es nicht mehr weit bis zur Küste und dem Puerto Chino, der kein Hafen sondern eine große Bucht mit weißem feinen Sand ist. Das Taxi erlaubte mir eine Stunde dort, sonst wäre der Preis noch weiter in die Höhe geschossen. Eine Stunde bedeutete einmal baden und etwas trocknen und schon wieder zurück; nicht gerade das was ich wollte. Galapagos bleibt heute leider eine „Dollarfalle“ und trotzdem sind die Inseln alle wunderschön.
Am nächsten Tag machte ich nun endlich den Schiffsausflug, der eigentlich schon vor ein paar Tagen gebucht war. Das Ziel war Cerro Brujo, eine der schönsten Strände mit Zucker feinem Sand und die Kicker Rocks oder auch Leon Dormido genannt. Vor dem Start wurden wir erst einmal als Schnorchler oder Taucher ausgestattet, je nach Wunsch. Drei Taucher hatten wir unter uns, für mich sehr spannend, so hautnah hatte ich dies noch nicht erlebt.
Wieder ging es mit einem Schnellboot, die ich so gar nicht mag hinaus auf die offene See. Drei laute Motoren brachten uns sehr schnell zu der wunderschönen Bucht mit herrlich weißem Sand, eingefasst mit schwarzem Lavagestein und türkisen Wasser.
Nur unsere Schnorchel brauchten wir, doch auch hier kein Vergleich mit den herrlichen Buchten auf der Cruise, nur ein paar kleine Fische bekam ich hier zusehen. So lief ich lieber mit meiner Kamera umher, auch hier wieder Spuren von den Sea Turtles, die ihre Eier am Strand abgelegt haben.
Weiter ging es quer übers Wasser bis zum Kickers Rock, eine Felsformation, die eine riesige Spalte zwischen den großen Felsen hatte, die schon von weitem einen tiefen Eindruck hinterließ. Schon auf dem rasenden Weg dorthin zogen wir alle unsere Neoprenanzüge an, die Taucher verwandelten sich zu schwarzen Fischen mit schwerem Gerät auf dem Rücken. Angekommen bei den riesigen Felsen hieß es auf Kommando ab ins Wasser, erst die Taucher und dann die Schnorchler. Kein Zodiac begleitete uns, das Boot war zwar zu sehen, doch hielt es sich eher von den Felsen fern, die Wellen schlugen zum Teil kräftig dagegen.
Unter mir befanden sich 200 Meter Tiefe, von den Tauchern war nichts mehr zu sehen. Diese Tiefe war für mich vollkommen neu und etwas unheimlich, auch die raue See um mich herum. Unser Guide schnorchelte zusammen mit meiner Gruppe von sechs Leuten, mal tauchte er einige Meter zusammen mit einer kleinen Kamera unter uns ab. Direkt an den Felswänden schwammen kleiner Fische und sehr schöne Unterwasserpflanzen bekam ich dort zusehen. Immer weiter schwammen wir in Richtung Felsspalte, mein Blick nach oben zeigte eine gigantische Felswand, die sich unter mir in endlos scheinender Tiefe fortsetzte.
Da, eine Wasserschildkröte, die mit Seepocken an ihrem Schild besetzt war und vor uns zwei Seelöwen, die sich neugierig in unsere Richtung aufmachten. Ups, jetzt sind sie direkt unter mir, neben mir, wieder unter mir; wo schwimme ich jetzt nur hin, das ist mir viel zu nahe? Über mir riesige Felswände, unter mir diese Seelöwen und wer weiß was noch alles – spannend, doch mit etwas Bauchgrummeln, so etwas hatte ich noch nicht in meinem Leben. Am Ende der Spalte schlugen die Wellen so hoch, das wir umkehren mussten, wieder vorbei an den Seelöwen, die diese Spalte als ihr Zuhause betrachteten. Jeder Tiefseetaucher wird sicher mein Bauchgrummeln mit einem Lächeln abtun, für mich stellte dieser Schnocheltour schon eine Herausforderung dar.
Wir schwammen für eine kurze Pause zum Boot zurück, das in einem ziemlichen Wellenschwall lag, sodass es nicht ganz einfach war den ersten Schritt auf die erste Leiterstufe zu bekommen. Nach 20 Minuten, alle fertig zum Absprung? „Ja“! Nun waren alle Schnorchler und Taucher darauf aus Sharks zu entdecken. So schwammen wir mehr im tiefen Gewässer umher, hatten jedoch kein Glück einen zu sehen. Da hatten die Taucher mehr zu erzählen. Direkt vor ihnen tauchten mehrere Hammersharks in 80 m Tiefe auf, für sie Faszination und Schreck zugleich, für mich das Bewusstsein unter mir jede Menge Sharks gehabt zu haben und froh wieder im Boot sein zu können. Ja, auch ich hätte gerne einen kurzen Blick auf die Hammersharks geworfen – doch bitte mit entsprechendem Abstand.
Insgesamt waren wir wohl so vier Stunden im Wasser, meine Hände und Haut entsprechend aufgelöst. Im Ergebnis war dies ein weiteres neues Abenteuer in meinem Leben, mit kräftigen Schwimmdistanzen, die mit Schwimmflossen zum Glück gut zu überwinden sind und meiner Beinkraft förderlich waren.
Nach diesem Ausflug freute ich mich auf meine letzten zwei Tage, die ich nur mit meinem eigenen Programm verbringen wollte. Die Hitze auf San Cristobal wurde fast unerträglich, ohne Schwimmen kaum zum Aushalten. Den ersten Tag lief ich zu den Buchten, die ich zu Fuß erreichen konnte und ging schwimmen, wo immer es ging. Die Ebbe verhinderte dies zum Teil vollkommen. Wo vor ein paar Tagen die Sea Turtles zu sehen waren, lagen jetzt nur Felsen und Iguanas oder das Meer ging nur bis zum Bauch. Doch jegliche Abkühlung tat gut und am Nachmittag konnte ich wieder richtig schwimmen. Am zweiten und letzten Tag auf den Galapagos ließ ich mich noch einmal zu der herrlichen Sandbucht Puerto Chino bringen, kletterte lange auf den Felsen umher und konnte einige Blue Fodded Boobies beobachten. Zwischendurch sprang ich in den herrlichen Wellen, die mich ein wenig an die Nordsee erinnerten umher. Vier herrliche Stunden verbrachte ich dort. Übrigens, dies war mein Ostern, auf Galapagos nimmt niemand Notiz davon.
29. März, die letzten Stunden auf Galapagos.
Abschied nehmen muss ich nun von der strahlenden Sonne und der Wärme, Mittags geht mein Flug nach Quito. Dort war gestern Landunter, mein gebuchtes Hostal kann mir kein Zimmer vermieten, es hat durch die Decken geregnet. Trotzdem wollen sie mich vom Flugplatz abholen und eine andere Bleibe besorgen.
Quito liegt schon wieder auf einer Höhe von 2800 m in den Anden, umgeben von Vulkanen. Während des Fluges plante ich meine letzte Woche, auch hier komme ich nicht ums Zählen der Tage vorbei. In Quito möchte ich erst einmal nur einen Tag bleiben, danach ins Amazonas Gebiet, das habe ich bisher ausgelassen und Mindo, ein „Birdwatching“ Paradies, welches in der Nähe von Quito liegt, steht auch noch auf meiner Wunschliste.
In Quito angekommen werde ich sehr schnell von wieder einmal einem netten Jose abgeholt, scheint ein Fahrer Name zu sein. Doch eine Stunde brauchen wir bis in die Innenstadt und zu meinem gebuchten Hostal. Dort werde ich von einem älteren Herren abgefangen, der mit in das Auto stieg: „Meine Schwester vermietet nicht weit von hier auch Zimmer, das ist ruhiger, bei uns wird alles renoviert“! So landete ich bei Monica und ihrem „Big Mama House“, einem sehr einfachen Hostal, doch Monica machte dies mit ihrer Herzlichkeit wett. Auch werden meine Schlafplatz Ansprüche immer genügsamer, setze inzwischen völlig andere Prioritäten. Ein Bett zum Schlafen muss günstig sein, umso mehr kann ich unternehmen und entdecken. Glücklich bin ich inzwischen schon mit Steckdosen, die zum Aufladen auch funktionieren, keine Selbstverständlichkeit und Fenster sind mir wichtiger als totale Ruhe. Gegen Straßenlärm oder Fanlautstärke habe ich Ohrstöpsel und über Internet im Raum freue ich mich auch. Immer wieder bin ich glücklich über mein Tasche in Taschen System, Schränke, wenn vorhanden, benutze ich nie, meist sind sie muffig. Meine Wäschetaschen landen auf einem Bord oder ähnlichem, Reisverschlüsse bleiben verschlossen, so kann mir auch nichts hineinkrabbeln und durch das Netz kommt genügend Luft hinein. Wenn ich meinen Raum verlasse, verteile ich meine Technik in die beiden Rucksäcke und verschließe diese mit drei Schlössern; das reicht um unabhängig zu reisen.
30. März in Quito.
Erste Nacht wie immer in der Höhe habe ich nur mit leichtem Schlaf verbracht. Den Straßenlärm konnte ich bis 6 Uhr ausblenden, danach eine Stunde Ohrstöpsel!
Monica klopfte an meine Tür und erfreute mich mit einer Tasse heißen Tee; das tat gut. Eine große Rundtour durch die Altstadt starte ich gleich an diesem Morgen, noch sah der Himmel gut aus. Zum Frühstück hatte ich noch eine Banane, später fand ich ein Café und trank einen Cappuccino. Mit im Rucksack hatte ich seit Myanmar meinen dort erworbenen Schirm dabei, der ewig tief versteckt war und nun wieder zum Einsatz kam.
Die Altstadt von Quito ist wirklich wunderschön, Plaza Grande, Cathedral, Monastary de San Francisco, Basilika, Palazo del Gobierno im Kolonialstil verteilt auf diversen Plätzen, umgeben von noch höheren Bergen, dazwischen etliche Museen, die Tage bräuchten um sie zu besuchen, so stellt sich die Altstadt von Quito dar. Endlos wandert man durch die Straßen und in die herrlichen Kirchen hinein, die auch hier alle nur von außen zu fotografieren sind; innen verboten. Irgendwann trieb mich mein Hunger in eines der historischen Restaurants, „Vista Hermosa“, schon der alte Fahrstuhl zusammen mit einem livrierten Fahrer war ein Erlebnis.
Ohne den Fahrer wäre ich nicht eingestiegen, Panik hätte mich davon abgehalten angesichts der schweren Eisentür davor. Vor sehr vielen Jahren hat mein Papa mit mir einen Abenteuer Ausflug mit dem Paternoster durch die Katakomben des alten Kontor Hauses Sprinkenhof unternommen, indem er mit mir im Kreis durch die Etagen fuhr. Mit gerade einmal vier Jahren hatte ich die Vorstellung, dass wenn der Paternoster wieder runter fährt auf dem Kopf stehen würde, doch viel schlimmer ist mir die Dunkelheit mit den tausend Rohren oben, wie unten im Gedächtnis geblieben. Seitdem mag ich keine alten Fahrstühle, die vielleicht stecken bleiben könnten und ich durch einen Schacht klettern müsste – Fantasie, die auch noch mit über 60 seine Wirkung hat!
Oben angekommen zog ein lang andauerndes Gewitter auf, pünktlich um 14 Uhr. Der Blick war auch mit Gewitter sehr schön, das Interieur von dem Restaurant eher international Oldstyle a la NY gemischt mit Beatles- Ringostar Postern und alten Fotos nebst Musikbox und Uralt Radios. Ein Ober bändigt sein Haar mit einem Netz tief ins Gesicht gezogen – eine ziemlich wilde Mischung. Hier ließ ich es mir erst einmal gut gehen, schaute über die Dächer von Quito bis der Regen nachließ.
Nicht lange hielt es mich in Quito und fuhr am nächsten Morgen nach Tena in das Amazonas Gebiet. Eine Nervenlange Fahrt, überall wurden Leute aufgenommen und angehalten. Um 14 Uhr war ich endlich in Tena angekommen, auch wieder eine Stadt, wie sie in Südamerika überall zu sehen ist – meist als Dauerbaustelle, mit Häusern, die nie fertig werden.
Taxi, Taxi kam es wieder von allen Seiten auf mich zu gerauscht. Inzwischen habe ich mir einen sturen Blick angewöhnt und wandere erst einmal zu den Taxis und suche mir selber einen Fahrer aus und nicht der Taxifahrer mich. Sehr wichtig in Südamerika.
Ein kurzer Weg den Berg hinauf und schon stand ich vor einem großen Tor. Bellende Hunde begrüßten mich, als ich durch das große Tor in das Pakey Hostal hinein ging. Unglaublich, doch befand ich mich so dicht an Tena direkt im Dschungel, ein tief grünes Meer mit hohen Palmen, Bananen, Kakao und Baumgemisch zusammen mit lauten Zikaden Gesang. Toni kam mir schon entgegen, ein indigen aussehender Ecuadorianer mit einem interessanten Gesicht. Zusammen mit Inka, einer deutschen jungen Frau betreibt er dieses Hostal und eine Tour Agentur. So wurde ich tatsächlich in sehr gutem Deutsch angesprochen. Wir stiegen immer weiter hinauf, bis zu einer mit Schilf bedeckten Lodge mit großer Terrasse. Auf der Terrasse unterhielten sich mehrere junge deutsche Mädchen und eine Ecuadorianische Familie. Im Schnelltrap bekam ich alle Gegebenheiten erklärt und weiter ging es nach oben bis zu einem weiteren Holz – Bambushaus, mit vier Zimmern, jeweils mit eigenem Bad. Das Besondere an diesen Bädern sind die Trocken Toiletten, die nur mit Späne statt Wasser gefüllt werden, die später zu Kompost sich wandeln; alles völlig Geruchsfrei.
Diese grüne Oase war angefüllt mit wunderschönen Schmetterlingen und Kolibris, viele Fotos wollte ich hier machen. Erst einmal musste ich doch wieder zurück in die Stadt und meinen Magen füllen, der immer noch nur mit einer Banane und Wasser auskommen musste. Den Markt fand ich schnell, endlich gab es wieder Obst in Hülle und Fülle, nur nicht um diese Zeit. Eine große Hauptstraße führte bis zu dem Rio Napo hinunter, Shop an Shop, meist für Elektronik, kleine Restaurants, die alle völlig leer waren und kleine Kioske mit Getränken, nur wirklich einladend war hier nichts. Selbst am Flussufer sah es eher trist aus, nur ein kleines Minirestaurant mit Barhockern auf denen einige Menschen eine Suppe aßen sah etwas einladender aus. Hier bekam ich ein sehr leckeres Taco mit Hühnerfleisch und Gemüse gefüllt und etwas zu trinken. So kamen langsam meine Lebendgeister wieder zurück.
Den Abend verbrachte ich mit netter Unterhaltung auf der großen Terrasse. Katharina und Florian waren inzwischen angekommen und eine deutsche Familie saß mit am großen Tisch. Sie erzählte uns von ihren Erlebnissen der letzten Tage im Amazonas und schwärmten von einer Trekkingtour zusammen mit Toni. Doch besonders lebhaft erzählten sie uns von ihrem heutigen Rafting Abenteuer. Unbedingt sollten wir dies auch machen.
1. April, kein Scherz.
Rafting im Amazonas und ich bin mitten dabei! Zusammen mit Kathi und Florian und zwei weiteren sehr jungen Leuten aus Deutschland habe ich mich überzeugen lassen diese 6 stündige Tour mitzumachen. In Neuseeland konnte ich auf einigen Flüssen dies schon beobachten, wäre allerdings niemals auf die Idee gekommen es selber einmal auszuprobieren. Alle fünf waren wir Anfänger, sodass es für uns absolutes Neuland war. Mit einem Kleinbus wurden wir morgens abgeholt, oben auf dem Dach befand sich unser Gummiboot. Knapp eine Stunde lang wurden wir immer tiefer in die Wildnis gebracht, bis zu einer hohen Anhöhe, direkt unter uns ein breiter Fluss mit starkem Strom.
Hier wartete schon eine große Gruppe junger Leute auf den Start, weitere Gummiboote wurden gerade den hohen Abhang an einem langen Seil hinunter gelassen, wie wir dort herunter kommen sollten war nicht abzusehen.
Ausgerüstet mit Helm Paddel und Schwimmweste, Shorts und Sneakers an den Füßen zwecks besserem Halt, bekamen wir eine Verhaltenseinweisung, die später im Boot noch fortgesetzt wurde. Etwas mulmig wurde mir angesichts der vielen Regeln, die wir zu beachten hatten; ach was, da kommst du schon durch!
Schon der Abstieg wurde zu einer Kletterpartie, bei weitem war ich die Älteste. Die andere Gruppe aus den USA war genauso jung wie meine Vier. Im Boot saß ich in der dritten Reihe, die beiden Jungs mussten nach vorne, hinten saß unser Guide und Steuermann Vladimir. Bevor es los ging übten wir das Boot zu steuern: „Forward, stop, backwards, left side, right side, inside …“. Einen Fuß klemmten wir unter die Sitzkissen als Halt fest, der andere Rückwärts als Balance stabilisieren. Außen verlief eine Leine, die wir notfalls beim Kommando „Inside“ greifen sollten, um nicht rauszufallen.
Na, das kann ja spannend werden und schon ging es los. Begleitet wurden wir von zwei verrückten Kajak Fahrern, die schon vor dem Start Saltos durch das Wasser drehten, sie schienen förmlich über den Fluss zu tanzen. Nach den ersten Metern kamen wir zu den ersten Stromschnellen, die uns durch den kräftigen Strom auf dem Fluss förmlich ansogen. Schaukelnd und mit kräftigem Spritzwasser schossen wir hier hindurch, nass waren wir fortan fünf Stunden lang.
Im ruhigen Gewässer übten wir noch Mann über Bord Manöver, in diesem Fall junge Frau über Bord. Im Wasser sollten wir die Beine immer nach vorne strecken, auf dem Rücken bleiben und uns treiben lassen. Reingezogen wird man über die Schwimmweste. Und schon kam die nächste Stromschnelle, rauf und runter, rechts und links und von allen Seiten wurden wir nass. Forward, stop, forward ….! Und jetzt alle ins Wasser, Rumps und drin war ich; herrlich erfrischend und nass waren wir ja schon. Jetzt wieder alle ins Boot – nicht einfach, der Fluss zieht einem schon die Beine weg.
In einer Bucht machten wir eine kurze Badepause, die allerdings so aussah, dass wir uns alle an einer Stelle ins Wasser begaben und ziemlich schnell treibend bei unseren Booten landeten. Ein komisches Gefühl zu sehen, wie schnell das Ufer an einem vorbei rauscht.
Durch die Eisschmelze eines in der Nähe liegenden aktiven Vulkanes, den Cotopaxi, steigt das Wasser rasant an und erhöht somit auch die Strömung, die an manchen Stellen zu kleinen Wasserfällen wird, in denen es sehr stürmisch zu geht; für uns die Rafting Ziele. Bis zur Mittagspause schossen wir noch durch einige Stromschnellen hindurch, Vladimir hatte sichtlich Spaß daran uns ständig herauszufordern. Mal fuhr unser Boot rückwärts oder seitwärts durch die Schnellen. Der Steuermann war er, somit forderte er dies heraus.
Für die Mittagspause landeten wir an einer großen Sandbucht. Eine Kühlbox, die neben mir auf der anderen Seite stand, wurde an Land gehievt. Unter einem Dach wurde der sehr leckere Inhalt ausgebreitet. Tacos, Guacamole, Gemüse, Saucen …..! Wir waren alle freudig überrascht.
Der Himmel zog sich langsam zu, sodass Vladimir uns empfahl die Regenjacken überzuziehen, das hält euch wärmer. Ok, bisher war uns eher zu warm gewesen. Wieder rauschten wir los, hatten alle das Gefühl, dass der Strom stärker geworden sei. Vor uns fuhren in einiger Entfernung die drei Boote der Amerikaner, laute Jubelrufe schalten uns entgegen.
Schon wieder stand unser Boot quer und rauschte auf und ab, durch die riesigen Wellen. „Inside“, ich flog förmlich nach innen durch den riesigen Schwung einer Querwelle. Doch auf der anderen Seite rauschten Kathi und Florian ins Wasser. Sie waren auf der unteren Seite und konnten sich somit nicht festhalten. Oh Schreck, da trieben sie nun, Kathi hinter uns und Florian vor uns. Vladimir schmiss die Rettungsleine zu Kathi, die wir so zu uns heran ziehen konnten und Florian kam von alleine in die Bootsnähe. Eins zwei drei und drinnen waren sie wieder im Boot. Florian meinte nur, dass er kurzzeitig nicht wusste wo er war – unterm Boot, Kathi blieb ganz ruhig!
Ich glaube, dass ich mich am meisten aufgeregt habe, hätte ja auch mich treffen können. Mit der Zeit ließen auch unsere Kräfte etwas nach, selbst Florian meinte, dass es ihm bald reichen würde. 1 ½ Stunden sollte unsere Tour allerdings noch weiter gehen. Mein anfängliches Berauscht sein von diesem Abenteuer ließ mit der Länge der Tour etwas nach, wollte ich vor allem heil da wieder heraus kommen.
Mehrmals schossen wir auch auf große Steine zu, „Inside“ hieß es dann kurz vorher und wieder schaukelte das Boot von rechts nach links. Puh, das reicht jetzt langsam. Doch weit gefehlt, Vladimirs Vergnügen, Touristen durchzuschütteln war noch nicht zum Erliegen gekommen. Schon sahen wir in einer entfernten Kurve unser Ziel, doch uns dort einfach nur hintreiben lassen, so wie es die Amerikaner taten, ging bei ihm nicht. Noch ein Experiment zur Freude auch meiner Mitfahrer.
Ein langes Seil, von vorne nach hinten gespannt und wir sechs alle hinten sitzend, ich in der Mitte. Mit unserem Körpergewicht sollten wir das „hoch gehobene“ Boot ausgleichen. Weit gefehlt, die Absicht war klar, alle sollten wir mit dem Boot hineinfallen. Rumps, über mir schwimmt jemand und das Boot ist auch noch darüber – tief unter Wasser fluchte ich über diesen Scherz, der mir einiges an Wasser in die Nase trieb. Als ich endlich auch auftauchte lachten sie alle um mich herum. Was blieb mir also übrig, als mit zu lachen; beste Therapie gegen diesen Schreck.
Inzwischen goss es in Strömen, doch wen störte dies, an uns war nichts mehr trocken, nur kalt wurden wir langsam. Egal, Boot abbauen und auf das Dach des Kleinbusses hieven, der mit riesigen Folien gegen unsere Nässe ausgelegt war. Jeder hinterließ seine eigene Pfütze. Erledigt, doch auch ein wenig stolz war ich auf mich, dass ich mit den jungen Leuten mithalten konnte und Spaß hat es mir auch gemacht.
So habe ich zwei großartige Wassersportarten auf meiner Weltreise für mich neu entdeckt, Schnorcheln, dies im Tiefwasser und Rafting der Stufe drei. Übrigens, das Nasswerden gehört bis zum Ende meiner Weltreise zu meinem Alltag, in Ecuador regnet es überall.
Am nächsten Tag machten wir zusammen mit Toni eine siebenstündige Regenwald Tour, die uns bis in den „Primärwald“, ein Wald, der von Menschenhand nicht beeinflusst wurde, führte. Toni, der hier aufgewachsen war und mit seiner Familie ein riesiges Stück Wald zu besitzen scheint, kennt sich hier mit seinem ganzen Herzen aus, entsprechend führte er uns in die Biodiversität dieses Waldes ein. Nicht die großen Tiere erhalten den Regenwald, sondern die vielen Kleinstlebewesen auf und in der Erde sind wertvoll für den Erhalt.
Mit Gummistiefeln geht es Bergauf und Bergab durch Schlamm, kleinen Flüssen, Querfeldein, bis wir bei einer Kechwa Familie, die Kakao anbaut, landen und dort Einblick in deren Leben erhalten, die völlig autark ihr Leben im Regenwald ausrichten. Leben tun sie ähnlich wie in Südost Asien in erhöht gebauten Holzhäusern. In der Mitte ein abgeschlossener Raum, der mit Matratzen ausgelegt ist, hier schläft die Familien mit mehreren Generationen zusammen. Die Küche ist draußen, damit der Rauch vom Feuer abziehen kann. Ansonsten eine Art großer Balkon, der Schatten spendet. Die Großeltern kümmern sich gemeinsam um die kleinen Kinder und umgekehrt. Auch hier bleibt der ältere Mensch bei der Familie – eine Selbstverständlichkeit.
Zwischendurch wurde ich noch durch ein Flechtwerk von Toni zur Dschungelkönigin gekürt, geflochten mit dem Palmen artigen Gras, aus dem die berühmten Panama Hüte geflochten werden.
Mit müden Füßen und wieder am Nachmittag einsetzender Regen lässt uns nass zum Auto gelangen, mit Gummistiefeln läuft es sich nicht so bequem. Alle vermissten wir natürlich die großen Vögel oder gar die Affen; es gibt sie, nur haben wir sie nicht sehen können. „Biodiversity“, Tonis Lieblingswort. Ein weiterer schöner Tag ging zu Ende.
Am nächsten Vormittag, dem 3. April, fuhren Kathi und Florian mit dem Bus weiter in Richtung Süden, sie haben noch einige Reisewochen vor sich, die sie genau anders herum als ich machen. Es regnete, sodass ich diesen Tag zum Schreiben nutzte, Fostos konnte ich schon länger nicht mehr herunter laden, mein Cardreader, inzwischen der Dritte war schon wieder kaputt.
Unglaublich, in einer Woche bin ich schon in Madrid, meine Gefühle tendieren in beide Richtungen; nein, ich will noch nicht nach Hause und, ja, es ist genug, mein Aufnahmepegel ist fast übersättigt!
4. April, im Bus auf dem Weg von Tena wieder nach Quito. Nur für eine Nacht, habe wirklich keine Lust mehr auf stinkige Großstätte. Brauche einen neuen Cardreader und dann nichts wie weiter nach Mindo ins Vogelparadies ebenfalls im Regenwald.
Toni gab mir noch einen sehr guten Rat, aussteigen bei einem modernen Einkaufszentrum, dort alles besorgen und mit dem Taxi in die Innenstadt, wo mein Hostal liegt. Perfekt!
Auch Quito empfing mich mit strömenden Regen, nur die paar Schritte vom Bus in das Einkaufszentrum ließ mich nass werden. Bepackt mit dem schweren Fotorucksack und meinen daran baumelnden Trekkingschuhen, zuzüglich eines weiteren kleinen Rucksacks, lief ich mit langsam schmerzendem Kreuz durch das Zentrum. Da ich meine „stinkenden“ Laufschuhe in Tena gelassen hatte, lief ich mit Flipflops umher. Ich wollte mir für meine Rückreise unbedingt neue kaufen, fand diese auch sehr schnell, steckte die Flipflops ein und weiter ging es in einen Fotoladen. Ja, wir haben so ein Gerät für ihre große SD Karte; happy! Forever21, eine Geschäftskette, die ich schon in Asien entdeckt hatte lag direkt vor mir. Dort hatte ich mir damals eine Jeans für wenig Geld gekauft, nur jetzt war diese völlig zerschlissen – so konnte ich nicht zu Hause ankommen.
Und wirklich, die gleiche fand ich wieder für gerade einmal $ 16, sitzt und perfekt. Hunger trieb mich weiter, mehr wollte ich heute nicht mehr. Für meinen schnellen Einkauf belohnte ich mich mit einem Sushi Restaurant; ja, dies in Quito, dem modernen Teil.
Mit dem Taxi kam ich endlich müde bei Monica und meinem Hostal an. Zuerst musste ich irgendwie meine stinkende Wäsche, die im Amazonas nicht trocknen wollte, waschen lassen. Monica sprang trotz Sturzregen mit meiner Wäsche zur nächsten Laundry, am nächsten Morgen sollte ich sie „trocken“ wieder bekommen. Nichts mehr wollte ich, nur noch meine große Tasche für den morgigen Reisetag vorbereiten und ins Bett; Ohrstöpsel gegen die Straßengeräusche und schlafen!
7. April, in MIndo.
Musste ich mir nun unbedingt noch zum Abschluss ein Natur Abenteuer aussuchen! Mein Plan war ein anderer. Für zwei Tage wollte ich hier in Mindo Vogelbeobachtungen unternehmen und danach noch für 2 Tage nach Otavalo, Ecuadors Marktstadt fahren und von dort direkt am Samstag zum Flughafen.
Um nach Otavalo zukommen müsste ich erst wieder nach Quito zurück, um dann wieder in den Norden zu fahren und das Ganze auch wieder zurück. Nein, da würde ich viel zu lange im Bus sitzen und völlig überanstrengt nach Hause kommen. So habe ich entschieden hier mitten in dieser für mich sehr ungewohnten Regenwald Natur zu bleiben und am Samstag direkt mit dem Bus in den Norden von Quito zu fahren, danach mit dem Taxi zum Airport. Mein Flug nach Madrid geht erst am Abend um 21:30 Uhr.
So bin ich nun schon seit zwei Nächten in Mindo, bzw, am Rande von dieser kleinen Stadt. Schon wie Tena im Amazonas, so auch hier beginnt die Oase der Regenwaldnatur sofort hinter der Stadt. Man braucht nur Richtung Wald zu laufen und schon fühlt man sich in den Dschungel versetzt. Doch das Spannende ist das Hostal selber. Der Schweizer Willi hat vor 20 Jahren hier seine neue Bleibe aufgemacht. Das Besondere ist, dass er diese aus dem hier wachsenden Material erbaut hat. Riesige Bambusstangen wachsen hier im Regenwald wie bei uns das Gras. Eine junge Sprosse kann bis zu 20 cm am Tag empor wachsen, nach zwei Jahren kann man sie dann zum Bauen verwenden.
Ja, so lebe ich nun schon seit zwei Tagen in einer Bambushütte, mit allem was dazu gehört! Zwischenräume, die trotz doppelwandigem Bau direkt in die Natur schauen lassen, inklusive lebendigem Leben. Vor meiner Reise hätte ich dort wohl kaum ein Auge zugemacht, habe ich doch schon so allerlei lebendige Wesen auf dieser Weltreise in meinen Räumen oder zelten gehabt; ein wenig abgebrühter bin ich schon.
Die letzte Nacht hat mich allerdings wenig schlafen lassen. Schon mitten am Tage konnte ich meine Hüttenmitbewohner dahingegen wahrnehmen, dass zwei kleine Bananen neben meinem Bett genüsslich angebissen waren und zu allem Überfluss auch noch meine kleine Seife verschwunden war. „Willi, gibt es hier Ratten“? „Nein, die gibt es hier nicht, dann würden meine Hühner und die Küken nicht so frei umher laufen“.
Ok, die Küken wurden letzte Woche von neun auf eines reduziert, also ließ ich mich nicht sogleich davon überzeugen. Auf meinem Bett fand ich auch so manchen kleinen Puh. Willi vermutet ein anderes kleines Tierchen, dass auch gestern kurz in seiner Küche vorbei geschaut hatte, Name?
Wie soll ich nur die Nacht überstehen? Die Bananen haben wir vor die Tür gelegt, heute Morgen war eine fort und die andere fast ausgehöhlt. Ja und über meinem Kopf hat es am frühen Morgen kräftig gekratzt, sodass ich ständig mit der Taschenlampe hoch geleuchtet habe. Vorher lauschte ich dem Regen, der auf mein Dach trommelte, von außen ein Metallblech. Nach dieser Nacht ist nun auch Willi fest davon überzeugt, dass da etwas nicht stimmt.
Inzwischen ist schon wieder Abend, draußen ist es dunkel und regnen tut es auch wieder aus allen Kannen. Willi ist mit mir überall im Bambus Bungalow, wie er sie nennt, herumgeklettert und ziemlich viel Insektenspray verbraucht. Ein Loch ist mit einem Handtuch zugestopft, doch die Hauptsache sind zwei Fallen, die Willi in seiner Küche aufgebaut hat. Einen Sack, der in die Enge führt und eine Tonne aufgestellt mit einem kleinen Bambusstück verbunden mit einem Faden. Beides gut gefüllt mit leckerer Banane. Willi ist total überzeugt davon, dass dieses Tierchen in diese Falle noch heute Abend geht!
Gerade sitze ich in dem offenen Pavillon, vor mir direkt die Küche, draußen ist es dunkel und es regnet! Willi erledigt seinen Einkauf. Spannend!
Gestern Morgen schien zur Abwechslung einmal die Sonne, laut Willi ein Sommertag. So machte ich mich auf zu einer langen Wanderung bis zum Tarabita, einer Korbseilbahn, die über eine Schlucht mit einer Tiefe von 152 m und 200 m Länge führt, Höhenkrank darf man da nicht sein. Im Sausetempo rauscht man in dem offenen Korb über diese Regenwald Schlucht, ein wenig mulmig wird einem dabei zu Mute. Auch hier bin ich so manches auf meiner Reise gewöhnt, wenn ich nur an die Bahn Tour in Myanmar denke, wird mir jetzt noch schwindelig.
Danach steigt man rauf und runter, erreicht dadurch sieben Wasserfälle mitten in tief grüner Regenwald Natur. Alle Pflanzen haben hier ein gigantisches Ausmaß, entweder an Höhe oder riesige Blätter, endlos lange Bambusstangen und Palmen die den Himmel kratzen.
Auch hier begann es bei meinem fünften Wasserfall an zu regnen, mir reichte es auch, schon vorher war ich sieben Kilometer aufgestiegen, während sich andere mit dem Taxi vorfahren ließen. Schon dabei machte ich eine Kaffeepause in einer wunderschönen Lodge. Auch sie hatte kleine Bungalows, nur waren diese aus Stein gebaut und sicher ohne Hüttenbesuch. Auf der Terrasse sitzend sprangen plötzlich zwei bunte Tucane auf die Balustrade, angelockt durch darauf befestigte Bananen. Ja, Bananen gehören hier überall ins Bild. Ok angelockt, doch so bekam ich sie endlich zu sehen, diese Vögel mit einem riesigen Schnabel, der ihnen schon beim dem Gleichgewicht Probleme bereitet. Bananen lassen sich damit sehr schnell verschlingen.
Auf dem Rückweg wollte ich dort unbedingt wieder vorbei schauen, allerdings war ich trotz dünnem Regencape ziemlich durchgeweicht und dreckig. Egal, ich bin der Gast. Mit großem Hunger nach dieser Wanderung aß ich eine Forelle aus einem der vielen Fischteiche hier in dieser wässerigen Gegend. Es hörte nicht auf zu regnen, so nahm ich doch von dort oben ein Taxi, ganz gegen meine Gewohnheit.
Nach der vergangenen Nacht fühlte ich mich trotzdem fit und munter, liegt vielleicht auch an dem Ausnahmslos guten Frühstück von Willi eigenhändig zubereitet. Gestern ein Omelett gefüllt mit sehr viel Gemüse, heute einen großen Teller Bircher Müsli. Nach dem heutigen Nachtregen lief ich in eine andere Richtung aus der Stadt hinaus, auch hier wieder dichter Regenwald. Am Ende lag eine kleine Casa, „Ma Casa, Tu Casa, Gigi“. Ein Paradies für Kinder und Erwachsene und dies mitten in herrlicher Natur, direkt am Rio Nambello. Begleitet haben mich schon auf meiner Tour wunderschöne Schmetterlinge, riesig groß, blaue Flügel oder Orange Gelb, Kolibris und andere mir unbekannte Vogelsorten. Fotografieren unmöglich, keine Sekunde Stilstand.
Wie soll es anders sein, schon gegen 13 Uhr fing es wieder zu regnen an, so machte ich dieses Mal Lunch in der Stadt, meist eine gute Mahlzeit, das reicht mir dann für den Rest des Tages. Seit Galapagos bin ich nicht mehr sehr hungrig.
Nun steht mir wieder eine interessante Nacht bevor, die Fallen sind noch leer, Willi kauft immer noch ein, die anderen Gäste haben sich in ihre Hütten verkrochen und ich sitze hier ganz alleine im Pavillon – Akku ist gleich alle und Stecker sind hier nicht vorhanden, aber Internet!
8. April noch in MIndo, mein letzter Tag in Ecuador. Morgen ist das Datum, welches noch vor kurzem so lange entfernt schien; 9. April, mein Abflugtag aus Südamerika. In Hamburg ist dann schon der 10. April. Eine Nacht verbringe ich in Madrid, sodass ich am 11. April am Nachmittag in Hamburg ankomme. Über die kleine Atempause in Madrid freue ich mich sehr, Europa ja, doch noch nicht zu Hause!
Der Morgen war schon wieder aufregend genug! Willi verpackt gerade das Opossum artige sehr hässliche Tier, was tatsächlich gestern Abend in die Falle gegangen ist. Trotzdem rumorte es heute früh wieder über meinem Kopf und der Blick ins Bad zur Seife bestätigte meine Befürchtung – da wohnt ein anderes Tierchen in meiner Bambushütte. Nicht nur die Seife war fast aufgefuttert, auch das Handtuch, das ein Loch zustopfen sollte, war nach unten gedrückt; raus oder rein ist hier die Frage.
Nach dem Frühstück, dieses Mal ein Riesenrösti mit Spiegelei, nicht zu schaffen für mich, sollte nun das gefangene Tier in den großen Sack befördert weren. Schwupp war es wieder draußen, Willi stoppte es gerade noch mit einem Tritt auf den Schwanz. Ihhhhhh, wie ist das hässlich! Struppiges Fell, lange Nase und stinken tut es auch noch. Wahrscheinlich hat es acht der Hühnerküken auf dem gewissen, sodass Willi nicht gut auf dieses Tier zu sprechen war. Lebendig wurde dieses Vieh nicht entsorgt! Der Gedanke, dass so ein Monster in meinem Dach wohnt lässt mich erschauern. Heute Abend kommt die nächste Falle, so die Aussage von Willi; na dann man gute Nacht!
Eigentlich sitze ich hier gerade im Pavillon zum Schreiben, doch mit dieser Aktion verlässt mich meine Konzentration, nicht zuletzt ist auch noch Stromausfall im ganzen Ort. So mache ich mich erst einmal auf den Weg zu weiteren Naturschönheiten, Kamera wie immer im Rucksack.
Nach 10 Minuten fing es wieder an zu regnen, also zur Schokoladenfabrik. Auch diese hatte keinen Strom, sodass eine Besichtigung unsinnig war. So setzte ich mich dort auf die Terrasse, trank einen Kaffee mit einem Schokoladenkeks und schrieb in mein kleines Büchlein. Nun übertrage ich dies gerade in meine Geschichte; Strom ist auch wieder da.
So stellte ich mir selber eine wichtige Frage:
„Was geht in mir vor, so nach einem Jahr des Unterwegs seins“?
Auch wenn es hier in Mindo viel regnet und ich Mitbewohner in meiner Bambushütte habe, es ist absolut richtig für mich mitten in der Natur zu sein. Meine Abenteuerseele kommt hier zur Ruhe, meine Neugierde immer weiter zuziehen ist zu tiefst gestillt, schaue ich nur noch gerne hinter den nächsten Baum oder die nächste Kurve, könnte ja ein schöner Schmetterling dort fliegen – mehr nicht!
Kein Bummel über einen Markt reizt mich, keine koloniale Kirche zieht mich an, kein neues Land möchte ich erobern. Tief zufrieden bin ich mit all meinen Erlebnissen, Abenteuern, und Erfahrungen. Ja, endlich fühle ich mich ruhig und stark genug, um mit diesem großen wunderbaren „Gepäck“ nach Hause zu fliegen. Ruhig genug, um stark genug zu sein meine Ideen umzusetzen, vor allem für einen „Neustart“ in meinem Leben – was für ein tief erfülltes Ergebnis nach einem Jahr. Eine innere Fülle, Reichtum empfinde ich in mir; das mit fast 62 Jahren.
Lebendigkeit mit jedem Zipfel meines Körpers, meiner Seele, meiner Gedanken, eine tiefe Freude auf das was folgen wird! Da steigen mir glatt die Tränen in die Augen, so sehr bewegt mich dieses Gefühl.
Hey, ich komme mit großer Inspiration zurück – wer lässt sich mitreißen?