Indien – eine ganz neue Herausforderung!

Namaste!

2. Juli, in Kaschmir.

12 Tage Indien, sollte eigentlich kein Problem sein darüber ein Bericht zu schreiben, doch genau das ist es für mich. Ein Bericht der Abfolgen wird es nicht geben, viel zu bewegt bin ich angesichts der Eindrücke, die täglich auf mich einprasseln.

Tief bewegt, mit vielen Gedanken beschäftigt, dankbar für diese Reise, die ich gerade erlebe, vergehen die Tage sehr schnell. Die zwei Monate Afrika empfinde ich inzwischen wie einen wunderbaren Spaziergang durch ein herrliches Land, mit unglaublich herzlichen Menschen, trotz oder wegen ihrer Geschichte. Kulturell konnte ich mich sehr schnell heimisch fühlen.

Heimisch fühlen ist für meine Reise zu einem interessanten Aspekt geworden. Heimisch war für mich bisher nur meine eigene Heimat, doch inzwischen habe ich mit mir ganz andere Erfahrungen gemacht. Heimisch fühlt man sich schon, wenn man seinen Weg zur fremden Bleibe wieder findet, heimisch fühlt man sich, wenn man zu einem wirklich fremden Ort zweimal in kurzer Zeit ankommt. Plötzlich erkennt man schon Kleinigkeiten wieder, selbst Dinge die einem vorher nicht passten, schafft man mit einer Handbewegung aus der Welt. So etwas fällt einem allerdings wirklich nur auf, wenn man so wie ich alleine auf sich gestellt ist und sich in einer Fremde befindet, die weit weg von Allem ist.

So erging es mir in Delhi, nach nur vier Tagen kam ich wieder zurück von einer tief beeindruckenden Tour, über Agra, Jaipur zurück nach Delhi. Mein kleines Hotel mitten im Zentrum von Delhi kam mir plötzlich so vertraut vor. Zwei unglückliche Nächte habe ich hier zu erst verbracht. Der Unterschied zu dem wunderschönen Afrika war doch zu stark und ein heftiger Sturz hat mir einige Schmerzen bereitet. Kein herrlicher Ausblick auf die Savanne, kein Sonnenuntergang, kein Zwitschern der Vögel, kein Blick auf den Tafelberg. Die nächste Hauswand ist fünf Meter weit, die Straße unter mir, der Himmel? Das Fenster zum Öffnen 40 x 40 cm, daneben ein Monstrum an Klimaanlage, die ich nie benutze, weil ich sofort Halskratzen bekomme, den Schrank mache ich lieber nicht auf, riecht nach Mottenkugeln – doch ein schönes großes Bett zum Schlafen mit frischer Wäsche reicht schon aus. Aus der Dusche kommen nur zarte Tropfen, früher aufstehen, dann reicht die Zeit zum Duschen allemal…..! Beim ersten Mal, oh Schreck, nein ich will wieder zu meinen Jungs nach Cape Town. Zum zweiten Mal schaue ich gar nicht mehr hin, weiß wo ich meine Sachen hinlege, weiß wie ich etwas zu essen bekomme, der Rest ist unwichtig – heimisch eben! Ob nun im Zelt in Afrika oder eben hier in Indien.

All das, was ich bisher erlebt habe möchte ich bis auf meine Stürze nicht einen Tag missen. Die vielen Erlebnisse alleine hier in Indien verändern die Sicht meiner Perspektiven schon jetzt völlig. Hier in Indien ist jede Minute für mich eine Herausforderung, da ich sehr oft die touristischen Pfade verlasse, doch ist es unglaublich schön zu erfahren, dass man auch noch mir 61 Jahren Korrekturen vieler eingefahrener Ansichten erfahren kann – man muss sich nur auf den Weg machen, in unbekannte Gefilde aufbrechen, sich aus seiner Komfortzone herausbewegen. Das Leben wird plötzlich um so vieles einfacher, man wird um so vieles toleranter!

Indien strengt mich zwar sehr an, das Klima trägt auch noch dazu bei, doch die Erlebnisse erfüllen mich zutiefst und machen mich ungemein reich!

Wie ich oben schon erwähnte, eine Abfolge der Tage wird es aus Indien oder vielleicht gar nicht mehr geben. Ich schreibe die Dinge, die mir in den Sinn kommen, die mich bewegen.

Um mich überhaupt wieder einmal melden zu können, bin ich heute in einem Internetshop in Srinagar in Kaschmir.

Meine folgenden beschriebenen Eindrücke bitte ich sehr subjektiv zu betrachten, es sind meine ganz persönlichen Erlebnisse. Diese können noch lange nicht vollkommen sein, dazu bin ich viel zu kurz in Indien. Es kann sein, dass man diese Menschen erst nach langer Zeit des Hierseins verstehen kann. Untereinander sind sie oft sehr hilfsbereit und fröhlich miteinander; zu Fremden scheinen sie erst sehr vorsichtig zu sein.

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Von hier aus genieße ich jeden Abend den Ausblick auf den Dal Lake.

Also liebe Indien-Kenner, noch bleibe ich ein paar Wochen, sicher werden sich meine Eindrücke noch verändern; offen dafür bin ich allemal!

23.Juni.

Namaste!

Heute startet nun schon mein vierter Tag in Indien, die Fülle an Erlebnissen ist kaum auszuhalten, geschweige den zu verarbeiten. Nicht nur die Fülle der „Monuments“, die ich besichtige, die vielen Eindrücke rechts und links der Straßen, auch die für mich völlig fremde Kultur, der Umgang der Menschen miteinander, die Rechte der Frauen hier; das alles nehme ich auf und versuche dies zu verarbeiten, zu verstehen.

Dadurch, dass ich schon einige Male Asien erlebt habe, erschrecken mich manche Zustände nicht völlig, doch Indien toppt alle meine Erfahrungen. Die Extreme untereinander können kaum größer sein, Moslems und Hindus leben hier miteinander scheinbar friedlich, doch ineinander verlieben dürfen sie sich nicht.

Gestern traf ich eine bildhübsche junge Frau, gerade 22 Jahre alt. Sie erzählte mir von ihrer großen Liebe, sie ist Hindu, er Moslem. Die Familien dürfen nichts davon wissen, ans Heiraten können sie gar nicht denken; man würde sie umbringen, sagte sie – scheinbar friedlich! Ihre Monuments besuchen sie gemeinsam, beten jeder auf ihre Weise; leben miteinander, absolut unmöglich. Sie erzählte noch von vielen dieser Lieben; ein gefährliches Miteinander.

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Das Taj Mahal im Sonnenuntergang

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Meine junge Begleitung im Taj Mahal ….

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und dies befindet sich in unmittelbarer Nähe.

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Direkt bei meinem Hotel wohnen diese Menschen in ärmsten Verhältnissen ….

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Im Rinsal liegt der Dreck und trotzdem waren sie alle sehr liebenswürdig zu mir.

Hier herrscht eine Welt der Männer, für mich sehr befremdlich, auch ich bewege mich zurückhaltend, doch die Blicke der Männer auf mich sprechen Bände. Schon meine kurzen Haare gehören hier nicht hin, mein sehr netter und sympathischer Driver Aly meinte zu mir, es gebe in ganz Indien nur eine Frau mit kurzen Haaren und das sei ich. Sitze ich alleine im Restaurant, schauen nicht nur die Männer, auch die Frauen beobachten mich teils verstohlen, teils lächelnd, was sie denken habe ich noch nicht erfahren. Mein Besuch zum Taj Mahal gestern Abend hat mir einige Rechte der Frauen aufgezeigt. Schon an der Kasse stehen die Frauen links an, die Männer rechts. Weiter geleitet durch den Security Bereich trennen Eisengitter den Weg, warum dies so ist werde ich noch heraus bekommen. Ist man erst einmal auf dem Gelände wird zwischen Touristen und Indern stark selektiert, nur die Inder dürfen auf den oberen Balkon; ich durfte allerdings gemeinsam mit meinem hübschen weiblichen Giude Arzoo trotzdem dort hinauf.

Inzwischen habe ich meinen Driver Aly danach befragt. Seine Antwort darauf: „So sind die Frauen doch sicher vor Dränglern und werden nicht berührt!“ Weiter habe ich von ihm erfahren, dass die Frauen auch deshalb nicht im Service arbeiten. Ich habe hier noch keine einzige Frau im Hotel arbeiten sehen, schon gar nicht als Zimmermädchen, dies übernehmen oft junge Männer. Auch im Verkauf sieht man nur Männer, wie anders doch unsere Kultur dies händelt. Aus tiefster Brust kam von Aly der Satz, das sie damit ihre Frauen schützen! Die heutigen gebildeten Inderinnen arbeiten im Krankenhaus für die weiblichen Kranken als Schwestern oder auch als Ärztin, im Office, so Aly’s Bezeichnung oder sehr geschätzt als Lehrerinnen.

Es war schon ein großartiges Erlebnis, das Taj Mahal zu sehen, allein darüber kann man endlos berichten. Doch tiefer eingeprägt hat sich in mir das, was ich davor zu sehen bekommen habe. Delhi hat seine endlosen Extreme, die ich überhaupt noch nicht wirklich zu sehen bekommen habe, doch in Agra, die Stadt des Taj Mahal, sie sollte doch angesichts des großen Touristen Stroms wohlhabend sein! Doch was man hier an Armut, Dreck, Gestank in den Rinnsalen zu sehen bekommt, grenzt an dem Punkt des kaum Aushaltbaren!

Gerade 100 m vor meinem Hotel ging unser Auto kaputt, ein Jahr alt. Als ich meine Reise nach Indien geplant hatte, wollte ich unbedingt in ursprüngliche Hotels und nicht in die großen Touristen Paläste. Doch meine Vorstellung war schon eine andere. In den Hotels kann man schon übernachten, einigermaßen sauber sind sie, doch ihre Lage ist nicht gerade einladend. Hier läuft kein westlicher Tourist auf der Straße umher, im Hotel wohnen nur Inder; auch das war mein Wunsch, so nahe wie möglich an die Menschen heran, die hier leben. Das habe ich nun perfekt! Frauen als Gäste sind auch hier kaum zu sehen. Die Freundlichkeit der Männer steht eher auf Distanz, um es vorsichtig auszudrücken.

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Aly mein Driver versucht verzweifelt Hilfe zu bekommen, das Auto fährt nicht mehr!

24.Juni, und das schon um 22 Uhr. Die Energie zum Schreiben ist nicht mehr vorhanden, Konzentration schon gar nicht. Seit gestern spät Abends bin ich in Jaipur, zum ersten Mal in einem schöneren Hotel. Der Frühstücksraum ist nicht im stinkigen Keller und das schönste, auf dem Dach im vierten Stock gibt es ein kleines Restaurant, inklusive Laube nur für mich. Nach den unglaublich anstrengenden und heißen Tagen hier in Indien brauche ich frische Luft und etwas Distanz zu allem. Dafür eignet sich dieses Dach sehr gut, auch heute zum zweiten Mal wieder.

Die Nacht war allerdings erst einmal die Hölle. Meine Rücken tat mir dank eines gefährlichen Sturzes am 2. Tag in Delhi sehr weh, auf dem Rücken konnte ich überhaupt nicht liegen. Am Samstag Morgen in Delhi sollte gleich mein erster größerer Ausflug mir beinahe zum Verhängnis werden. Es goss in Strömen, genauso wie man sich die Regenzeit in Asien vorstellt, binnen Minuten schwimmen die Straßen. Eigentlich sollte es nach Old Delhi gehen, durch den Regen allerdings nicht machbar. Also wurde ich von Driver Aly, der mir für eine Woche zur Seite steht, zu einer riesigen neuen Tempelanlage, Akshardham gefahren. Ohne Kamera, Mobilphone, Tasche, nur mit Geld darf man dort hinein.

Durch einen langen Security Bereich wird man langsam hinein geschleust. Endlich angekommen mache ich den ersten Schritt auf den Marmorboden und fliege mit großem Schwung, dank meiner inzwischen in Afrika abgelaufenen Schuhe, Beine hoch fliegend auf den Boden. Schon während ich flog, schossen mir panische Gedanken durch den Kopf: „Das war’s denn wohl jetzt, nicht schon wieder, das kann nicht gut gehen …..“, Rumps! Sterne, Drehschwindel im Kopf, mein unterer Rücken war die andere Trefferzone, weiche Knie – oh nein! Helfende Hände hoben mich auf, „everthing ok with you?“ „No“, ich schüttelte mit weiter aufkommender Panik nur den Kopf.

Auf einer Bank, inzwischen auch völlig durchnässt, wurde ich abgesetzt. Meine Gedanken schwirrten mir wirr durch den Kopf, Schmerzen am Hinterkopf und Rücken, was tut nun mehr weh, hast du jetzt eine Gehirnerschütterung, was mache ich nur, außer Geld habe ich nichts dabei und mein Driver steht weit weg draußen; wo? ….. Die Hilfe dieser indischen jungen Familie war großartig. Etwas verstört schauten die jungen Frauen, nicht alle verstanden Englisch, zwei junge Männer versuchten mit mir vernünftig zu reden, eine Frau legte den Arm um mich. So verging eine halbe Stunde, sie ließen mich nicht alleine, holten auch noch Hilfe. Zwei Männer, der eine gab sich als Arzt aus, sah mir in die Augen und meinte gleich, dass ich keine Gehirnerschütterung hätte. Etwas skeptisch fragte ich genau nach, ob meine Augen auch wirklich nicht flattern, die Sternchen waren mir noch zu sehr im Bewusstsein. „Nein, alles in Ordnung“!

Ziemlich demoralisiert blieb ich noch eine weitere halbe Stunde dort sitzen, verfluchte meine abgelaufenen Flipflops, beobachtete die vielen andern, die auch mit Flipflops liefen und nicht rutschten, doch ein erneuter Test meinerseits ergab ein gefährliches Ergebnis; ich hatte gar keine Chance, schlimmer als auf spiegelglattem Eis. Nach einiger Zeit schlich ich mit ziemlichen Schmerzen „Barfuß“ durch die Tempelanlage. Nicht wirklich viel habe ich von dieser überladenen, doch kunstvollen Anlage mitbekommen. Da es Samstag war, kamen riesige Ströme an Gläubigen zu diesem Tempel, eher als Familienausflug, schien mir.

Ein ganzer Topf Tigerbalsam noch aus Kambodscha, Magnesium und Arnika sind seitdem meine Medizin. Noch bis gestern konnte ich keine Treppe nach oben steigen ohne zusammen zu zucken. Doch Aly mein Driver hatte die beste Idee. Am Abend, endlich in Jaipur angekommen brachte er mich in eine Ayurveda Praxis. Unmengen an heißem Öl landete auf meinem Rücken, mit herrlich weichen Händen einmassiert und am Ende mit noch heißeren Stoffstempel auf meine empfindlichen Stellen mit leichtem Druck geklopft. Sehr fühlende Hände fanden die schmerzvollen Punkte, die sanft gelockert wurden – großartig!

Noch eine schlaflose Nacht folgte, doch heute konnte ich schon fast schmerzfrei 200 Stufen laufen, Ayurveda immer wieder!

Vor lauter persönlichen Erlebnissen komme ich überhaupt nicht zu den vielen Dingen, die ich inzwischen in Indien noch so erlebt habe. Die heutige Nacht ist schon dabei zu vergehen, ohne das ich im Bett liege. Morgen startet wieder eine lange Autofahrt mit einigen Stopps, sowie Blumenmarkt in Jaipur und Elefantendorf … etc bis nach Delhi; da muss ich jetzt eine Pause machen.

25.Juni

Wieder in Delhi! 280 km in Indien sind gefühlte 1000 bei uns, nur viel gefährlicher. Für schwache Nerven ist die Strecke von Jaipur nach Delhi nicht geeignet. Die Straßen sehen im ersten Moment ganz gut aus, Dreispurig auf jeder Seite, in der Mitte eine dicke Abtrennung. Bezeichnet werden diese Straßen als „Expressway“, gleichgemeint wie unsere Autobahnen. Dreispurig heißt hier allerdings mindestens fünf bis sechsspurig in jeder Richtung. Entgegenkommende Fahrzeuge noch nicht mit eingeschlossen; man kann ja ganz schnell in die entgegengesetzte Richtung fahren, die anderen Fahrzeuge weichen schon aus! Der Übergang ist viel zu weit weg. Fahren auf dieser Straße hauptsächlich Trucks jeglicher Couleur, eben bunt bemalt, schwerst beladen mit leichtem Überhang rechts und links, oben und unten. „Blow Horn“, steht hinten drauf, soll heißen, wenn du vorbei willst drück aufs Horn, was auch fast alle gleichzeitig machen. Die tollsten Tonabfolgen klingen unglaublich harmonisch auf einem ein, trillernd, pfeifend, Nebelhorn klingend ….., nur Platz zum Ausweichen gibt es kaum! Expressway!

Inzwischen sitze ich gemütlich wieder in meinem Hotel in Delhi, was mir beim zweiten Ankommen schon wie Heimat vorkommt; all die Macken sehe ich nicht mehr und zum Frühstück in den Keller gehe ich nicht – Aly hat mich mit herrlichsten Mangos versorgt. Immer ein Geschenk an mich. „You are like a friend“, bekam ich heute von ihm zu hören, als ich sie wieder versuchte zu bezahlen und das nach vier Tagen Beisammen sein mit einem indischen Mann! Da mache ich wohl einiges richtig.

Indien in sechs Tagen, das funktioniert nun überhaupt nicht. Sechs Tage das sogenannte „Goldene Dreieck“, Delhi, Agra, Jaipur auch nicht. Doch genau dies ist für die meisten Touristen sogar noch kürzer, die Abfolge einer Indienreise. Man besichtigt unglaublich viele Tempelanlagen, die alten meist aus der Mogulzeit, erfährt im Schnellmarsch etwas über die unterschiedlichen Darstellungen der Mogul-, Hindu- und Christensymbole, allesamt großartige Monuments. Die schönsten Erlebnisse sind für mich immer die passenden Geschichten dazu.

Besonders beindruckend fand ich die Geschichte, erzählt bekommen habe ich sie von meinem sehr fantasiereichen Giude Mousi, des „Fatehpur Sigri Palastes“, 38 km entfernt von Agra, einem Mogul Palast aus dem 16. Jahrhundert, bekannter durch einen alten Film „Der Palast der Winde“. Kurz erzählt, ungefähr in dem Tempo von Mousi. Er hatte drei Frauen, eine Hindu, eine Moslem und eine Christin. Alle gebaren sie ihm nur Mädchen und er hatte keinen Erben, bis ihm der Prophet „Fatehpur Sigri“ einen Sohn weissagte. Endlich gebar ihm seine Hindu-Erstfrau einen Sohn. Zum Andenken an diese Prophezeiung erbaute er dort diesen Palast und zu jedem Palast gehört auch eine Moschee. Seine drei Frauen bekamen jede für sich einen eigenen Palast, doch die Größe unterschied sich um einiges. Seine Hindufrau bekam einen riesigen Palast erbaut, ausgeschmückt mit großartigen Hindusymbolen, seine beiden anderen einen jeweils sehr viel kleineren, allerdings nicht schmucklosen, eher ein Palästchen. Ein Bereich wurde besonders für die heißen Sommertage erbaut, ein auf Säulen errichteter fünfstöckiger Terrassenbau, in alle Richtungen geöffnet, „Der Palast der Winde“.   (Hierzu Geschichte weiter erzählen) Der eigentliche Palast der Winde steht allerdings in der sogenannten Pinken Stadt „Jaipur“. Besichtigt habe ich diesen nur von außen, doch Namensgebend sind die vielen Fenster, die sich im Sommer in alle Richtungen öffnen lassen.

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Fatehpur Sigri, oder Palast der Winde, leider gerade in Renovierung.

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Der Frauentrakt

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Viel frische Luft im Palast der Winde.

26.Juni, 22 Uhr. Das wird heute nichts mehr mit dem Veröffentlichen! Um 6 Uhr in der Früh werde ich schon abgeholt! Hoffe auf etwas mehr Ruhe in Srinagar!

27.Juni

Srinagar in Kaschmir

Um mich herum klingen gerade schon zum zweiten Mal die unterschiedlichen Gebetgesänge der Moslems, wohl gerade das Abendgebet. Inzwischen sitze ich auf einer Terrasse eines „Royal Star Hausbootes Delux“ mit Blick auf den Dal Lake im Hintergrund das Himalaya Gebirge. Hoffe auf etwas Ruhe habe ich noch heute Nacht geschrieben; die Hoffnung ist aufgegangen. Wenn die Gesänge nach 10 Minuten vorbei sind, höre ich nur noch Vogelgeschnatter und tatsächlich Grillen. Die Luft ist wieder zum Durchatmen, die Temperatur traumhaft, auch jetzt um 20 Uhr noch angenehm warm und am Tag sonnige 27 Grad. Kein Wasserlaufen mehr am Körper, auch brauche ich keine drei Liter Wasser mehr zu trinken – Entspannung. Wie nötig ich dies habe, nach einer Woche Indiens „Goldenem Dreieck“, wurde mir auch heute gleich von meinem neuen Chef Guide Ash in intensiver Form klar gestellt, indem er mir glatt ins Gesicht sagte, dass mein Körper erschöpft wirkt.

Auch hier bin ich der einzige Gast in einer Männerwelt um mich herum, nun auch noch eine Männerwelt, die mich kaum aus den Augen lässt; die Gründe dafür sind vielschichtig und grenzwürdig! Immer wieder neuen Dingen habe ich mich als Frau alleine auf Weltreise zu stellen, diese hier muss ich nun auch noch mit aller Höflichkeit, die man als Gast in so einem Land wie Kaschmir pflegt, gebührend abwehren.

Mein Empfang von Ash, einem älteren Kaschmiri mit guten Manieren um 10 Uhr heute morgen war sehr höfflich und herzlich. „You are a very important person, I know you since two years, and that you will arrive today ….“! Ich brauchte etwas länger um zu verstehen. Es ging noch weiter, ich hätte ein großes offenes Herz, werde viele neue Menschen treffen, ich sei eine alte indische Seele. Mit meiner ganzen Offenheit reagierte ich darauf, schließlich bin ich ja genau aus diesem Grund unterwegs, freue mich auf andere Menschen. Es war auch Balsam für meine Seele so offen nach der letzten harten Woche empfangen zu werden.

Eine halbe Stunde ging es mit dem Auto durch Srinagar, die Sommerhauptstadt von Kaschmir, bis plötzlich neben der Straße lauter bunte Schiffe auftauchten, Shikara genannt. Aussteigen, Gepäck ausladen und einsteigen. Huch, dachte ich, richtig du wohnst auf einem Hausboot – aber nur über ein Boot zu erreichen, dann bin ich ja schon wieder gefangen. Vorher in den lauten Wirren Delhis Straßen, nun am Dal Lake in Kaschmir! Doch was für eine herrlich frische Luft kam mir entgegen; tief durchatmen konnte ich seit Tagen nicht mehr, alleine schon vor lauter Anspannung und schlechter Luft gleichzeitig. Hier befinde ich mich in einem Teil der Erde, die sich schon auf 2000 m befindet, See und das Himalaya Gebirge tun Ihresgleichen für diese Frischluft.

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Shakiras heißen diese Schiffe auf dem Dal Lake

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und hiermit wird gepaddelt.

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Ein herrlicher Blick über den Dal Lake ins Himalaya Gebirge.

Vorbei ging es an vielen verschiedenen Hausbooten, einige werden fest bewohnt, andere sind ebenfalls Gästehausboote, bis wir zum „Royal Star Delux“ kamen, ein mit viel Holz verziertes Plattboden Boot. Von Innen ein schwer überladenes Interieur, deren Stil ich nirgends zuordnen kann, wohl eben Kaschmir! Drei Zimmer beherbergt dieses Delux Hausboot und ich als „Important Guest“ natürlich Käptians Siute, einen riesen Saal mit gleicher Schwere eingerichtet. Durch viele luftige Fenster, nur mit Fliegengitter versehen strömt herrliche Luft hinein. Ich fühle mich herrlich befreit von der indischen Großstadthektik, hier bleibe ich die nächsten fünf Nächte. In Sekundenschnelle bekomme ich einen leckeren Grünen Tee auf der Terrasse serviert; erst jetzt nehme ich wahr, das mal wieder nur Männer um mich herum sind und ich der einzige Gast! Ash, wohl der Chef, Mazzu entpuppt sich als mein Giude für die Zeit in Kachmir und Shephi, ein kleiner schmächtiger Mann ist der Bootsmann mit Küchendienst. Alle drei weichen mir kaum von der Seite. Nach dem Tee gestattet man mir mich etwas einzurichten, am Nachmittag, so zwischen 13:30 und 15:00 steht mir eine 1 1/2 stündige Bootstour auf dem Dal Lake zu. Schön, denke ich, da habe ich ja viel Zeit für mich und kann herrlich ausspannen.

Dank der kleinen luftigen, praktischen Taschen, die ich von meiner Schwiegertochter in Spe Steffi zu Weihnachten bekommen habe, ist das Ein- und auspacken in Windeseile erledigt, trotzdem hat alles seine Ordnung. Schnell wieder mit Buch und Notizbuch raus auf die Terrasse, Luft genießen.

Schon wieder Gebetsgesänge, man kann sich diesen kaum entziehen, der Kopf denkt nicht mehr klar.

Auf der Terrasse blieb ich nicht lange alleine, in welcher Reihenfolge die drei bei mir wieder erschienen weiß ich nicht mehr; auch hier hatte ich Schwierigkeiten mich der Präsenz zu entziehen. Jeder wollte mir etwas erzählen, mich etwas fragen, mir von hier erzählen oder mir etwas bringen, alles ungemein nett. Doch wirklich anhänglich wurde es mit Chef Ash. Das Gespräch verlief wirklich interessant, er scheint auch ein sehr interessanter Mensch zu sein, mit einem großen Wissen über Kaschmir, politisch wie wirtschaftlich oder eben alles was die Menschen hier betrifft. Irgendwann nahm er ungefragt meine rechte Hand und fing an meine Lebenslinien zu entziffern, erst nachdem er sein Wissen hatte, fragte er mich ob ich es auch wissen wolle. Ich war so erstaunt, dass meine Reaktion etwas verlangsamt kam. Gleichzeitig schwankte ich zwischen meiner Skepsis und Offenheit hin und her; die Erfahrungen, die ich die letzte Woche mit wirklich freundlichen Menschen gemacht habe, gebot doch eher Skepsis. Hinter jeder Freundlichkeit steckte immer ein großer Eigennutzen, meist sehr Geschäftstüchtig. Gleichzeitig möchte ich mich in einer völlig fremden Kultur erst einmal öffnen um zu verstehen.

Also ließ ich dies gewähren, bekam zu hören, dass ich Besonders erleben werde und ich wohl auch alles erreichen werde und ganz nebenbei auch überall Männer, auch wenn ich dies nicht bauche. In diesem Moment habe ich schon bereut die Frage nach meinem Mann ehrlich beantwortet zu haben – von nun an werde auch dies auf meiner Reise ändern. Immer wieder hörte ich, das ich very important sei und er mich schon lange kennen würde, er glücklich sein, dass ich hier sei. Oh je, wie komme ich da jetzt wieder raus, das ist ja pure Anmache, Spätzünder ich! Damit will ich hier in dieser starken Männerwelt nichts zu tun haben!

Relativ einfach schaffte ich es aus diesem Gespräch herauszukommen, indem ich wieder über meine Tour in Kaschmir und Ladakh sprach, die ich jetzt erst wirklich plane und dazu brauche ich auch sämtliche Unterstützung von Ash. Zu einem späteren Zeitpunkt tauchte er noch einmal aus dem Nichts vor mir auf, man kann doch auch von hinten an das Boot heran, allerdings durchs Wasser watend; noch einmal ging’s in die gleiche Richtung, sogar noch deutlicher. Doch so konnte ich wenigsten energisch klar aussprechen, dass ich das nicht wolle und entfernte mich auch sofort. Wie es scheint wurde dies auch richtig verstanden, ein weiterer Besuch am Abend verging sachlich und informativ; PUH das war knapp!

Gedanklich versuche ich mich mit dieser für mich fremden Männerwelt irgendwie zu arrangieren, in der die Frauen meist unter Verschluss gehalten werden, schließlich werde ich noch 21 Tage hier verbringen, bevor ich nach Myanmar aufbreche. Ich tat dann etwas ganz merkwürdiges. Anstatt mich weiter mit meiner Route durch Kaschmir und Ladakh zu beschäftigen, holte ich tief in meiner Tasche vergraben den Reiseführer von Myanmar heraus; wollte ich doch noch einmal lesen, dass ich dort auch wirklich sehr gut als Frau alleine reisen kann und mich endlich frei auf den Straßen laufend bewegen kann. Natürlich hatte ich dies längst schon zu Hause gelesen, doch brauchte ich einfach diese Bestätigung, um jetzt hier weiter zurecht zukommen ohne mich gefangen zu fühlen. So kleine Hilfen muss ich mir manches Mal selber erschaffen. Ich freue mich jetzt schon auf Myanmar und werde auch Kaschmir und Ladakh, heißt Indien mit gebührendem Respekt und viel Aufmerksamkeit freudig weiter erforschen, dies mit etwas weniger Fraulichkeit, doch mit offener Distanz.

Offene Distanz, geht das? Ja, offen gegenüber den Erlebnissen und Eindrücken und auch den Menschen gegenüber, doch geschlossen in mir ruhend. Die innere Ruhe ist mir einerseits durch meinen Sturz, andererseits durch die stressigen Großstädte und der enormen Hitze, gestern waren es 45 Grad, der letzten Woche abhanden gekommen. Hier kann ich durchatmen und sie wieder finden.

Seit über einer Stunde klingen nun schon die Nacht Gebete, kommend von einer Moschee auf einem Berg gegenüber. Im Nachbarschiff hat bis eben ein großer Haufen junger Leute fröhlich gefeiert, die hier in Indien ab einem gewissen Lebensstandard eher pro westlich leben und sich auch so kleiden; jetzt herrscht allerdings Ruhe.

Im Gespräch mit Ash habe ich auch weiter erfahren, dass das Leben in Kaschmir angesichts der Weltpolitischen Geschehnisse sehr schwierig geworden ist. Es kommen viele unterschiedliche Menschen in das Land. Israelis, die von hier aus agieren, Russen, Syrer….! Das macht das Leben hier eben auch gefährlicher, auch ein Grund, weshalb ich mich hier nicht alleine bewegen kann. Dagegen leben die Kaschmiris ein sehr frei bestimmtes Leben. Sie haben hier ein herrliches Stück Erde zum beackern, Wasser zum Fischen, Arbeit durch den Tourismus, besonders stark der Indische, der sich gerade rasant entwickelt und gleichzeitig viel Zeit. Die meisten Menschen sind hier Moslems, Hindi und Christen eher in der Minderzahl, doch allen wird hier Zeit gelassen zum Beten, wann immer sie mögen, wie oft sie mögen. An sich ein friedliches Leben.

 

28.Juni. Ruhe! Ich sitze tatsächlich alleine auf der Terrasse mit Blick über den Dal Lake bis hin zu dem Himalaya Gebirge. In meiner großen Suite im hinteren Teil des Bootes habe ich eine mittelmäßige Nacht dank meines Rückens und einer sehr harten Matratze verbracht, noch immer kann ich mich nicht völlig frei bewegen. Wahrscheinlich drückt ein dicker innerer Bluterguss auf meine unteren Wirbel. Doch dies nicht alleine, erklangen doch plötzlich um ein und zwei Uhr nachts die Gebete quer durch die Nacht, in der totalen Ruhe noch eindringlicher. Was für eine fremde Kultur!

Pünktlich um acht Uhr bekam ich eine von mir bestellte Teekanne vor die Tür gestellt, gleichzeitig ließ ich langsam laufendes Wasser in die überraschend vorhandene Wanne einlaufen. Vielleicht hilft das meinem Rücken etwas mehr auf die Sprünge. Nach langer Zeit machte ich danach etwas Joga, nicht ganz schmerzfrei – Mist! Zum Frühstück Früchte und Cornflakes, besser als Toast und alte Marmelade. In Indien isst man schon am Morgen Herzhaftes, Dinge die wir zum Mittag essen würden.

Aus meinem Tagesprogramm, Bootsfahrt zur Lokal Village auf dem Dal Lake ist ein Nachmittagsprogramm geworden, auch wegen der Mittagswärme. Gerade ist eine indische Familie für eine Nacht angekommen, oh wie freundlich ging es doch in Südafrika zu. Hier totale Ignoranz, ob von den Kindern oder Eltern, ein Meter neben mir – nix! Da gefriert auch mir die Sprache und mein Lächeln. Ash ist auch schon wieder hier und hat mich mal wieder eingeladen wiederzukommen und für länger zu bleiben!

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Lokal village im Dal Lake ….

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Einkaufen vom Boot aus.

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Viel Regen hat allerdings auch einiges untergehen lassen.

Gerade habe ich mir meine Notizen über Delhi angeschaut und entschieden die Besichtigungstouren über die Fotos zu erzählen. Ich schreibe meine Reise zwar in Tagebuchform auf, doch nicht alleine die vielen Monuments, die ich im Laufe des Indien Aufenthaltes besuche, noch besuchen werde sind mir wichtig, vielmehr meine Stimmungen, Gedanken Veränderungen ….! Das sind die Erlebnisse, die ich behalten möchte, selber verfolgen will; was passiert wirklich mit mir und nicht der genaue Tagesablauf.

Momentan geht es hier vor mir gerade lauter zu, die indischen Männerstimmen erheben sich aus der Ruhe des Sees heraus, selbst im Boot sitzend mit einem Handy am Ohr. Verstehen tue ich sie nicht, doch nach Leichtklang klingt das nicht. Auch hier kann ich mich wieder in Ruhe und Gelassenheit üben und trotzdem meine Aufmerksamkeit nur auf mich lenken, eben ganz bei mir zu sein.

Internet ist auf meinem Hausboot gerade nicht vorhanden und wird auch für die nächsten Wochen nicht immer vorhanden sein. So kann ich mich in aller Ruhe auf das Wesentliche konzentrieren, im Hier und Jetzt!

Direkt vor mir fliegen den ganzen Tag kleinere Adler, die sich ab und zu in den See stürzen, kleine Fische oder altes Brot fangen, das von Shephi ins Wasser geworfen wurde. Die indische Familie, bis auf das junge Mädchen, sind allesamt stämmig aussehend, typisch wie mir scheint. Sehr viele konnte ich schon in Delhi und Umgebung wahrnehmen, wohl ein Zeichen des Wohlstandes. Gleichzeitig sieht man in den großen Städten riesige Plakatwände, auf denen sehr hübsche junge Menschen in westlicher Kleidung abgebildet werden. Ich bewege mich mehr in der einfachen indischen Welt, bekomme ich auch eher die normale Welt der Inder zu sehen, die der meisten Inder. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung lebt wirklich in dieser plakatierten Welt. Doch sind mir auch wunderhübsche junge Menschen begegnet, Männer wie Frauen. Die junge Generation scheint sehr viel bewusster mit dem Aussehen umzugehen. Besonders schön sehen die jungen Mädchen in ihren traditionellen, sehr farbigen Kleidern aus. Auch reagieren sie viel offener auf mich, lassen sich gerne mit mir fotografieren oder geben mir sogar ihre Mailadresse zum senden der Fotos, die ich von ihnen gemacht habe.

Vor dem Steg des Hausbootes fahren ein paarmal am Tag eine Art Kioskboote vorbei, wenn man wahrgenommen wird, rufen sie: „Zigaretten, Cola, Biskuits, Chips …., der Junge kaufte sich gerade zwei Tüten Chips. Fastfoot scheint in Indien auch zu einem allgemeinen Problem zu gehören, doch ist hier auch die indische Küche eher schwer und man isst viel. Diese Küche gehört nicht zu meinen Favoriten auf dieser Reise. Gestern wollte Mazzu mir etwas gutes tun und kochte „English style“, Fisch and Ships zusammen mit zerkochtem undefinierbarem Gemüse; da bleibe ich doch lieber bei der indischen Küche mit kleinen Portionen.

Meine heutige Tagesbootstour fiel anders aus als ich es erwartet hatte. Ich hatte gehofft mehr durch die Local village gefahren zu werden, so stand es auch im Plan, doch das war nur der kleinste Teil, die meiste Zeit fuhren wir durch die schöne Landschaft des wirklich großen Dal Lakes, immer den Blick auf das erhabene Himalaya Gebirge. Shepi, der das Shikaraboot paddelte fragte ständig; „Are you happy“? Da er sich so sehr anstrengen musste, sagte ich immer wieder ja. Are you happy ist hier die am meisten gestellte Frage an mich. Jaahhhaaahh!

Am heutigen Sonntag sind die meisten Männer auf Fischfang unterwegs. Stundenlang sitzen sie mit Schirm gegen die Sonne geschützt auf ihren Booten und beobachten ihre größtenteils selbstgebauten Angeln. Einen älteren Fischer konnte ich dabei beobachten, wie er mit einer langen Stange einschließlich Spießen am Ende, einen großen Fisch im flachen Gewässer gefangen hat, mit Ruhe und einem scharfen Blick. Danach war sein Abendbrot gesichert und nichts wie nach Hause paddeln.

Ich sitze heute nach einem indischen Mixdinner nun wieder im Sonnenuntergang auf der Terrasse, alleine! Ob das so bleibt?

Bis kurz vor neun hatte ich Ruhe, nur Shepi kam öfters vorbei, besonders als ich meine Fotos auf den Laptop geladen hatte, wollte er doch unbedingt seine Fotos sehen. Oh, good, good kam von ihm, Englisch spricht er kaum. Er bekommt von mir jeden Abend 100 Rupis, mit meinem Wunsch, dies für seine Kinder aufzubewahren. Heute für drei Stunden rudern, gestern fürs kochen und fünf mal Tee machen…! Er freut sich riesig, aber pschscht, nichts Muzza sagen. 100 Rupi sind etwas über einen Euro wert.

Schon seit über einer Stunde klingen Gebetgesänge über den Dal Lake, 22:10 Uhr und dann wohl wieder um ein und zwei Uhr nachts. Kein Wunder, dass die Menschen hier nicht früh auf den Beinen sind, auch morgen geht mein Ausflugsprogramm erst um 11 Uhr los. Wie unterschiedlich doch diese Gebräuche schon sind, In Afrika fällt man mit dem ersten Sonnenstrahl aus dem Bett und hier erst nach den Gebetsstunden.

Morgen soll ich angeblich Internet bekommen, ob ich damit auch in meinen Blog komme, bleibt abzuwarten! Bon nuit Kaschmir!

29.Juni.

Kein Internet! Also weiter schreiben.

Heute ist so gar nicht mein Glückstag … :“I am unhappy“. Der erste wirklich schwierige Tag mit allen Zweifeln und totaler Erschöpfung. Meine beinahe schlaflosen Nächte seit dem ich in Indien bin, tragen natürlich reichlich dazu bei.

Erst war es die Hitze und mein Rücken, der besser zu werden schien, in Kaschmir

die nächtlichen Gebete und mein Rücken, den ich auf der harten Matratze sofort wieder spürte, doch am Tag schien es besser zu werden.

Seit dem heutigen Ausflug bin ich eines besseren belehrt worden. Als ich 250 Stufen zu dem Shankaracharya Tempel gestiegen bin, schoss es mir derart vom Rücken in das linke Bein, dass ich seit dem jeden Schritt merke, auch meine linke Pobacke scheint sich verkrampft zu haben. Ich bin nur noch halb Karin, Energie down, Stimmung down, Bewegung down. So geht es nicht weiter, was hatte ich für einen Schwung, eine Leichtigkeit in mir und jetzt komme ich mir wie eine alte missmutige Frau vor, nichts macht mir Spaß – wie furchtbar.

Mit Muzza habe ich über meine Schmerzen gesprochen, der daraufhin gleich mit einem Doktor, seinem Freund im Krankenhaus telefoniert hat. So brauche ich nicht auf eine Trekking Tour in das Himalaya Gebirge zu starten. Ich habe auch nach Tiger Balsam gefragt, das man auch hier kennt. So wie ich es verstanden habe, will Muzza mir heute noch Tigerbalm und Medizin besorgen, ansonsten werde ich morgen damit verbringen Hilfe für meinen wohl doch etwas mehr verletzten Rücken zu bekommen, alles andere steht zurück.

 

Trotzdem ging der Ausflug heute weiter durch vier unterschiedliche „Famous Moghul Gardens“ aus dem 16. Jahrhundert, allesamt am Berghang mit viel springendem Wasser und sehr alten Bäumen gestaltet. Sie werden auch heute noch als Freizeit und Vergnügungspark genutzt, man trifft sich dort, vor schöner Kulisse werden Fotos in Moghul Kleidung gemacht, im Wasser geplanscht, die jungen Männer gehen auch darin baden.

Die Blumen, die dort wachsen entsprechen fast ausschließlich unseren in norddeutschen Gärten, Rosenhochstämme, Hortensien, Gladiolen, Tagetes, Bauernmalven und Dahlien.

In einem Park standen nur riesige alte Esskastanien, in einem anderen eine wunderschöne Ahorn Art und riesen Magnolien Bäume, grandiflora.

Das Klima in Kaschmir entspricht dem unseren mit vier Jahreszeiten. Jetzt ist auch hier Sommer, ab Oktober Herbst, im Januar ist es schneidend kalt und ab März Frühling, das ganze nur auf 2000 m Höhe, mit stabileren Jahreszeiten.

Jeden Abend herrscht hier auf dem Dal Lake ein lustiges Treiben; alle Shikara Boote kommen aus der Stadt zurück und die Menschen ziehen zu ihren Häusern. Die Boote gleiten fast schwebend durch das glatte Wasser, nur die paddelnde Armbewegung ist zu erkennen, ein schönes Bild.

Nach den Moghul Gärten kam noch der angesagte Besuch einer Pashmins/Shahtoos und Carpetfabrik, alles eine große Familie, hieß es. Auch hier wieder die gleiche geschäftstüchtige Praxis, nur schauen ….! Erst bekommt man an einem kleinen Arbeitsmodel, einen Webstuhl gezeigt, wie schwer und lange es braucht einen Teppich zu fertigen. Dies wird in den Dörfern produziert, großes Geheimnis. Danach darf man sich kurz die verschiedenen Qualitäten anschauen, die auch wirklich beeindrucken, besonders weich sind die Teppiche aus Pashmina. Zwischendurch kommt ein ganz typischer Tee aus Kashmir, den man unbedingt probieren soll, alles sehr freundlich. Ja, wir senden auch alles zu ihnen nach Hause, kommt sicher an, machen wir ständig. Aha, da kommt es wieder, hatte ich nicht von Anfang an gesagt, dass ich an der Produktion diese einheimischen Produktes interessiert sei, aber nichts kaufen werde! Auf dem Ohr ist man hier in Indien völlig taub; wir haben auch wunderschöne Schals.

In sekundenschnelle habe ich ein wirklich herrlich weiches Material in der Hand, 100% Pashmina, oder der hier ist noch leichter und weicher, stammt von den Bergantilopen ab. Je höher desto weicher werden die Schals, teurer auch. Wir sind alles eine große Familie, viele leben davon in den Dörfern; also auch noch der soziale Touch ist mit dabei.

Ein kleines Schild weißt einem darauf hin, dass es hier nur „Festpreise“ gebe, also handeln ist zwecklos.

Nun gut, wollte ich doch noch ein paar Schals mit nach Hause bringen, als Erinnerung und für Geschenke an meine Familie; so war ich ganz einfach überredet. Doch wie kommen die Schals zu mir nach Hause. Ja das übernehmen wir auch, gleich telefoniert ein Mitarbeiter und sofort bekomme ich gesagt was dies kosten wird. Doch der Hammer kam noch: „Wenn sie einen Teppich mit kaufen, berechnen wir keinen Versand“. War noch mal ein Versuch.

So macht man das liebe „Sales Coaches“, die können die Verkaufstools perfekt!

Nachdem ich meine Creditkarte gezückt hatte und alles bezahlt war und ich schon im Gehen war, schoss es mir durch den Kopf: schicken sie die auch wirklich zu mir ab, Geld haben sie, ich habe nichts als einen Zettel mit der Abrechnung und den Creditkartenbeleg. Die können auch glatt die Schals wieder auspacken, von Deutschland aus kann ich nicht viel ausrichten. „Can I trust you“? Fragte ich sogleich, woraufhin mir sämtliche Familienmitglieder mit Namen und natürlich Muzza steht dafür gerade, wir können doch unseren guten Namen nicht aufs Spiel setzen ……, alle nickten mit den Köpfen.

Ist nun wohl mein Risiko und denke doch lieber positiv:

“Die Pakete kommen alle an“!

Trotzdem, ich sehne mich nach meiner Eigenständigkeit zurück, ich möchte doch selber entscheiden, was ich sehen will, was ich kaufen möchte und mit wem ich mich zusammen schließen möchte. Hier in Kaschmir fühle mich ich so bewacht, das es mir jegliche Freiheit nimmt und Informationen bekomme ich auch nur so viele wie man mir geben möchte. Zum Glück bereise ich noch so viele andere Länder in denen ich genau diese Freiheit mir wieder zurückhole – hier muss ich jetzt durchhalten und erst einmal meinen Rücken wieder in Gang bekommen!

Um mir selber ein besseres Gefühl für Indien zu verpassen, werde ich mir die positiven, schönen Punkte herausgreifen; das wird mir meine Begeisterung wieder zurück bringen. Morgen.

30.Juni.

Meine heutige Prämisse lag ganz entscheidend bei meinem Rücken, so wollte ich nicht weiter machen. Eigentlich sollte es heute als Tagesausflug ins Gebirge gehen.

So nahm ich das Angebot von Mazzu an, der mir seinen Freund, den Doktor für Bones, der im bekannten Goverment Hospital arbeitet aufzusuchen. Etwas skeptisch war ich schon; wieso hat ein Giude so einen Freund, ist hier eher selten. Egal, ich wollte mir helfen lassen.

Was für ein Erlebnis, genau das was ich nie am eigenen Leibe erleben wollte, in ein Krankenhaus in so einem Land wie Indien zu müssen.

Nach einer halben Stunde Autofahrt durch das typische indische Großstadtgewimmel hieß es, wir sind da.

Vor mir lag ein grauer Komplex, wie immer schwer bewacht von der Polizei mit Gewehren in der Hand. Ein riesiger Strom an Menschen bewegte sich auf den Eingang zu. So auch ich nun mitten drin, gemeinsam mit Mazzu, der Giude immer an meiner Seite. Nein, da will ich nicht wirklich rein; doch du willst doch die Schmerzen im Rücken los werden; aber doch nicht hier!

Mazzu schob mich durch die Masse im weiter in das Gebäude hinein. Ich versuchte die Gerüche auszusparen, doch der Schmutz konnte mir nicht verborgen bleiben.

Es sah eher wie auf einem Bahnhof aus, als nach einem Krankenhaus, mit dem Unterschied, dass die meisten einen grünen Zettel in der Hand hatten und Röntgenbilder in einer Plastiktüte trugen. Ab und zu stand mit großen Lettern „Cancer Center“ oder „Breast Center“ ….. über den Türen zu lesen.

Mazzu war auf der Suche nach seinem Freund, der auch Mazzu hieß, ich immer brav hinterher.

Vor einem Behandlungszimmer im Breast Center stand eine riesige Traube Frauen, die alle gleichzeitig dort hinein wollten; Hilfe ich will hier ganz schnell wieder raus, bloß nichts anfassen und atmen auch nicht.

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Zwei schnelle Handyfotos. Hier im Krankenhaus in Indien will man wirklich nicht sein!

In meinem Magen meldete sich inzwischen mein ganzes Unwohlsein als dicke Faust. Irgendwann saß ich auf einer Bank im Physical Center, um mich herum 25 andere Menschen, meist Frauen, die mich jetzt auch noch alle anstarrten. Nicht freundlich, eher skeptisch, nach dem Motto, was will die denn hier. Kaschmir, 29.30.6.19630Juni 30 2015_sm

Gegen Magendruck hilft nur tief durchatmen, also Tuch vor die Nase und entspannen – Schmerzen los werden, wieder in Bewegung kommen, aktiv sein ist mein Naturell! Plötzlich kam Mazzu 2, nicht nach Arzt aussehend, aber sympathisch. Ich hoffte kurz, dass er der Arzt sei, doch nein. Da hatte ich schon richtig vermutet, Mazzu 2 arbeitet als Techniker im Krankenhaus, doch hatte er mich schon angemeldet, allerdings mit neuem Namen „Korino“; so hatte ich auch meinen grünen Zettel.

Das vermeintliche Wartezimmer füllte sich immer weiter, Männer begleiteten ihre Frauen/Mamas, Frauen ihre Mamas ……

Plötzlich Unruhe, ein finster drein blickender etwas schmieriger Mann betrat den Saal und verschwand hinter einer Tür, die eher in ein offenes Verließ ging, als in einen Behandlungsraum, nach oben geöffnet. Ich sollte noch etwas warten, denn die ersten erstürmten die Tür genauso, wie ich es schon im Breast Center gesehen hatte. Gleich mehrere Personen, Männlein mit Weiblein gingen hinein, man konnte die Gespräche, für die Inder verständlich, mithören.

Nicht denken, da musst du jetzt durch; ein aufmunternder Blick von Mazzu 1, gleich geht’s los. Aufstehen und hinein ins Vergnügen. Ich wurde mit weiteren Frauen und meinen beiden Mazzus ins Zimmer des Grauens geschoben.

Eine Liege an der Seite, mit einem Kopfkissen darauf, dass ich nur mit Gummihandschuhen anfassen würde, ein kleiner Schreibtisch mit Zettelgewirr und ein Stapel grüner Behandlungsblätter. Dahinter hockte der Arzt, wirklich der schmierige und zerrte gerade an einer im Schador angezogenen Frau herum; Männer schaut weg, was sie nicht taten.

Dann war ich an der Reihe, erzählte meine Pain, Mazzu 2 ergänzte und ich durfte mich auf die Liege legen; iiiiiihhhhhhgittttt. Auf den Rücken, Beine hoch, auf die Seite, Daumen auf meine Lieblingswirbel; Aua.

Ab zum Röntgen, sch….., nicht auch das noch – doch dann bist du sicher, das nichts gebrochen ist.

Ein fürchterlicher Gestank nach Maschinenöl verstärkte sich immer mehr, wo bin ich hier, in einer Maschinenfabrik?

Oh nein, das scheinen tatsächlich Röntgengeräte zu sein, die bestimmt aus den sechziger Jahren stammen und hier immer wieder gut geschmiert werden. Was werden das für Strahlungen sein, doch zum Nachdenken kam ich nicht lange. Drei junge Männer schoben mich sehr unsanft auf eine Liege, Seite und von oben durch den Bauch; Schutz? Braucht man hier nicht. Es ratterte zweimal ziemlich laut, fünf Minuten später hatte ich ein Bild mit beiden Aufnahmen ausgedruckt in der Hand; nein nicht ich, sondern Mazzu 1 bekam das Bild in die Hand.

Wieder zurück in das tolle Zimmer, diesmal gleich noch ein paar mehr um mich herum. Mazzu reichte das Bild dem Arzt, der es sich kurz zum Himmel hielt und dann auch schon auf den grünen Zettel schrieb. Ein Kissen 6×6, ein Gel für Massage, Tabletten für den Magen, 8 Tabletten für die Schmerzen. Nach 3 Tagen ist alles wieder in Ordnung, fertig und raus.

Ich wollte allerdings eine Physiotherapie, hatte dies vorher mit Mazzu 1 besprochen; gibt es hier nicht, Tabletten helfen schon. Bezahlen musste ich nichts, all for free – für alle. Gleich gegenüber konnte man sich die Medizin kaufen, für gerade mal 3,50 €. Ich habe mich danach erst einmal mit Sagrotan Tüchern überall abgerieben.

Da ich keine andere Wahl habe, schlucke ich jetzt auch die Medizin, reibe mich zusätzlich mit inzwischen hier erworbenen Tigerbalsam ein – gut zu wissen, dass ich nichts gebrochen habe!

Schon in Kambodscha konnte ich die Menschen in die freien Krankenhäuser ziehen sehen und war begeistert, dass sie dort freie Hilfe bekommen. Ein Schweizer hat dort die Krankenhäuser nach dem Krieg mit vielen Spendengeldern aufgebaut „Ein Engel auf Erden“!

Doch das was hier in Indien nach Krankenhaus aussieht hat mit Hygiene überhaupt nichts zu tun, man kann froh sein dort ohne Schaden wieder heraus zu sein.

Sicher könnte ich auch sagen, besser als gar nichts, doch angesichts des Reichtums, der sich in diesem Land auch befindet, ist das für mich nicht tragbar.

 

Das Kapitel schließe ich jetzt unter dem Motto „Reich an Erfahrungen“ ab, das Erlebnis werde ich so schnell nicht vergessen.

Gerade bekam ich wieder Besuch von einem älteren Herren mit Cash Maschine. Seit zwei Tagen wird versucht meine zusätzliche Trekkingtour damit zu bezahlen, doch die Maschine wollte meine Karte nicht akzeptieren. Dieser Mann scheint wiederrum ein Freund dieses Hausherren Ash zu sein, der sich als Juwelier entpuppte. Schon am ersten Tag wollte er mir Schmuck verkaufen. Meine Erklärung, dass ich völlig Schmucklos weiterhin auf meiner Reise bleiben möchte, hatte er bis eben noch nicht akzeptiert. Nachdem die Maschine endlich gebucht hatte, startete der nächste Versuch; „Just looking“. Nochmals nein, ich möchte keinen Schmuck kaufen; „nicht ein kleines bisschen“ ….; Nein, sorry No!

Dann war es vorbei mit der Freundlichkeit, kurzer Abschied und weg. Auch Ash lässt sich nicht mehr blicken.

Ist es nicht furchtbar, dass man sich hier so energisch gegen Verkaufsabsichten oder andere Übergriffe wehren muss? Was für eine Mentalität – ich muss sie nicht mögen.

Gerade hatte ich wieder Besuch von Ash, der sich entschuldigte länger nicht hier gewesen zu sein. Über meinen Krankenhausbesuch kamen wir auf die Mentalität der Menschen hier zu sprechen. Ich erzählte ihm von meinen Eindrücken. Er behauptet von sich anders zu sein, seine Mission ist die Verbindung mit einigen wichtigen Menschen, „You are also very important“.

Doch eine wichtige Information sollte mein Bild über die Unfreundlichkeit vielleicht etwas korrigieren; es ist 30 Tage lang „Ramadan“ Zeit, noch bis Mitte Juli. Für die Menschen hier eine Zeit des Rückzugs, der Verschlossenheit und des Verzichts. Laut Aussage von Ash sei die Mentalität der Menschen eher freundlich.

Internet geht immer noch nicht hier, ein Stick mit Sim Karte akzeptiert mein Mac nicht. Next day, may by!?!

Infos: Ein später Abendbesuch von Ash, der sich inzwischen freundlich in Distanz übt, bescherte mir weitere Informationen über Kaschmir. Ein langer Kampf um die Unabhängigkeit von Indien herrscht hier seit über 25 Jahren, versprochen schon lange. Indien hat eine Religionsherrschende Hindu Regierung, immer schwierig wenn eine Glaubensrichtung auch die Regierung ausübt. Korruption herrscht hier von Regierungsseite extrem vor, Geld regiert mit in vielen Ebenen. Beispiel, gut ausgebildete, studierte junge Leute bekommen keinen Job, eigne Tochter, die Informatik studiert hat sucht seit vier Jahren. Wenn ein kaum ausgebildeter reicher Sprössling sich auf den gleichen Job bewirbt, bekommt er ihn, allerdings nur gegen Bezahlung. Die Chinesen sind auch in Kaschmir sehr aktiv mit ihrem Geld unterwegs.

1.Juli.

Stehen gerade in einem totalen „indischen“ Stau, es geht erst gar nichts, dann nur die rechte Spur und unsere steht komplett. Plötzlich geht es bei uns weiter, doch alle von hinten kommenden Autos fahren rechts in der zweiten und dritten Spur, bis natürlich irgendwann alle drei Spuren total fest stehen – Stau auf Indisch!

Heute ging es zum ersten Mal ins Himalaya Gebirge hinein bis nach Palhalgam, einem Ort, an dem die Shepard Ebene beginnt. Eigentlich sind es nur 95 km, doch die Fahrt dorthin dauerte schon heute Morgen drei Stunden, jetzt auf dem Rückweg noch länger, auch wenn wir gerade etwas weiter rollen. Eigentlich wollte ich heute Nachmittag nach dem Ausflug in ein Internetkaffee, um meine Blogfans über meine bisherigen Indienerlebnisse zu informieren, doch das wird heute zu spät. Aus diesem Grunde habe ich meinen Laptop im Auto dabei und versuche jetzt hinten im Auto sitzend den heutigen Tag zu erzählen.

Die Fahrt ging erst einmal die „Kaschmir Highway“ 2 Stunden lang längs, so auch jetzt im Schneckentempo. Irgendwann ging der Weg endlich in Richtung Gebirge, schlagartig wurde die Landschaft grüner und saftiger. Große Apfelbaum Plantagen säumen die Hänge rechts und links, etwas höher kommend fährt man durch Dörfer, in denen kleine Sägereien Mengen an Holz verarbeiten. Die Häuser sehen zum Teil sehr stabil gebaut aus, besonders fallen die unterschiedlich geformten Holzfenster auf, die sehr stabil wirken. Dazwischen allerdings der übliche Verfall oder eben nur Hütten. Etwas höher werden die Hänge mit endlosen Walnussbäumen gesäumt, während sich im Tal ein wilder Bergbach mit uns nach oben schlängelt. Eine herrliche Landschaft öffnet sich langsam nach oben, die Pinien sind so riesig und duften herrlich frisch.

Das einzige was mich die ganze Strecke über irritiert sind die vielen Soldaten, die nicht nur die Straße säumen, sondern auch Felder bewachen. In den Dörfern stehen sie bei kleinen Banken oder an Baustellen. Kurz vor unserem Ziel fahren wir an einem großen Militär Camp aus großen Zelten bestehend vorbei, Fotos davon zu machen ist strikt verboten. Meine beiden Begleiter erzählten mir, dass sich in Kaschmir schon seit 1947 das Militär in dieser Form präsentiert, immer das Gewehr schussbereit in der Hand.

In Palhalgam angekommen müssen alle Fußgänger aussteigen und sich durch einen Security Bereich, natürlich die Frauen extra, betatschen lassen; seit Indien fühle ich mich stark begrabscht, jedes größere Monument oder öffentlicher Bereich das gleiche Theater. So lerne ich auch einmal das Leben mit einer Militärregierung kennen – Horizonterweiternd!

Nun stecken wir in dem nächsten indischen Stau, es ist abends 18 Uhr.

Sechs Stunden Autofahrt für drei Stunden Ausflug, will man das? Ja, wenn man ein Land kennenlernen will, muss man wohl leider auch die Gegebenheiten in Kauf nehmen, also weiter!

 

Endlich waren wir im Shepard Valley angekommen, überall liefen Ponys herum, die meisten für die Touristen, die ich allerdings kaum sah. Mit den Ponys gehen traditionell die Shepards mit ihren Schafen und ihren Familien im Sommer in die Berge. Diese Menschen werden hier von den Einheimischen Gipsys genannt, also Zigeuner für uns. Einige Shepards habe ich auf unseren zwei stündigen Trail zu sehen bekommen. Sie sehen tief gegerbt aus, sehr dunkel und sehr dünn, doch sehr freundlich und interessant. Ich werde diese Menschen noch näher kennenlernen, wenn ich drei Tage höher ins Himalaya Gebirge auf Trekking Tour gehe.

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Die ersten Frauen, die sich von mir fotografieren ließen.

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Hoch im Himalaya kann man Maiskolben essen.

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Zwei Shepards.

 

Ich auf einem Bergtrail trotz meines Rückens! Die Tabletten sind richtige Hammer, die ich zu Hause niemals nehmen würde, doch machen sie mich Schmerzfrei und ich bin wieder in Bewegung! Hoffe nur, dass sie auch die Ursache bekämpfen.

 

Inzwischen bin ich schon etwas länger wieder heil auf meinem Hausboot und habe einen ruhigen, mit vielen Gedanken und Verständnis findenden Abend auf der Hausboot Terrasse verbracht.

Heute sind mir viele freundliche Menschen begegnet, die sich sogar gerne fotografieren lassen wollten, so auch ein paar Frauen. Sie klopften mir danach kräftig auf die Schulter, am liebsten hätten sie mich als Talisman behalten.

 

 

Der heutige Ausflug hatte außer endlosem Stau auch noch andere Erlebnisse für mich parat. So fuhr ich an dem „Safran“ Land vorbei. Hier blühen im Herbst wunderschöne rötliche Blumen auf, deren zarte Samenfädchen als „Safran“ gerntet werden. Sehr mühselig werden diese von den Blüten abgeerntet, von jeder Blüte gerade mal drei Fäden; also kein Wunder, dass sie bei uns so teuer sind. Hier habe ich für ein Gramm 200 Rupi bezahlt, das sind 2,70 €.

Während der Fahrt ging es lange an dem Jehlum River vorbei, der später in den Dal Lake fließt. Eine lange Strecke direkt hinter Sringanar sah man endlos viele zerstörte Häuser, überall Schuttberge. Im September letzten Jahres fand hier eine fürchterliche Flut statt, die viele Häuser zerstörte. Auch Sringanar war davon betroffen, erzählte mir Mazzu, auch sein Haus war unter Wasser. Alles was ich hier fest gebaut sehe war unter Wasser, doch am Jehlum River schoss eine gewaltige Flut heran und nahm alles mit, was nicht fest verankert war, während in Sringanar die Flut langsam anstieg. Menschen sind scheinbar nicht zu Schaden gekommen. Muss ich alles zu Hause recherchieren.

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Während der September Flut in Kaschmir wurden viele Häuser zerstört und sehen noch heute so aus.

Morgen geht es auf kurzer Strecke in die Berge – danach nun wirklich ins Internet. Meine Lieben daheim werden sonst unruhig.

2.Juli.

Mein Hausboot hat heute Nacht neue Mitbewohner bekommen, vier Schwaben, die gerade ein riesiges Frühstück bekommen. Da haben es meine beiden Giudes bisher einfach mit mir gehabt, nur Tee, Obst und Cornflakes statt Müsli, was es hier nicht gibt,. Auf dem Boden ausgebreitet liegt schon eine Shakira Ladung Schals, es ist gerade mal acht Uhr morgens!

Gerade zieht meine Wäsche mit einem Boot dahin, zwei Hosen und eine Bluse, ob ich sie bei, meiner wenigen Wäsche wiedersehe? Hier wird sogar die „Laundry“ per Boot transportiert. Der Blumenhändler versucht mir gerade Blumen, oder Samen für Germany zu verkaufen, sein kleines Boot ist mit kunterbunten Lilien, kleinen Rosen und Frühlingsmargaritten gefüllt, alles Blumen aus meiner Heimat.

Eigentlich gehören in diesen Beitrag noch viele weitere Fotos hinein, doch das Hochladen dauert zu lange, sodass ich jetzt stopen muss. Auf Später aus Ladakh.

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