7. Februar in Lima, Hauptstadt von Peru.
Schon so viel erlebt, warum auch immer habe ich gerade keine Lust dies aufzuschreiben? Ein Phänomen, dass mir schon öfter passiert ist. Verstand sagt, jetzt musst du langsam anfangen deine Erlebnisse zu erzählen, sonst gehen sie dir abhanden, doch mein innerer Schweinehund stellt sich dagegen. Wenn es denn plötzlich geht, erzählt sich meist alles von ganz alleine. So warte ich noch etwas auf diesen Moment!
9. Februar noch in Lima, allerdings nur noch für 4 Stunden.
Meinen Schweinehund muss ich nun endlich überwinden. Ein wenig Zeit bleibt mir noch im herrlichen blühenden Patio, Hostel del Patio ist auch der Name, mitten im rasenden Lima. Rasendes Lima – es ist unglaublich laut und verstopft, knapp 9 Mio. Menschen leben hier, 3327 Ew./km², in Hamburg sind es immerhin auch schon 2300!
Südamerikanische Hauptstädte, Buenos Aires, Santiago de Chile und nun Lima, habe ich fürs Erste genug, Buenos Aires war bei weitem mein Highlight dieser Metropolen. Eines haben sie alle gemeinsam, eine große Anzahl an wunderschönen Kolonialbauten, die als Regierungssitze, Museen, Kirchen und Kathedralen oder Gerichtsgebäude prächtig dargestellt werden. In den Straßenzügen dagegen, werden sie leider vernachlässigt und verfallen.
Lima hat von diesen Gebäuden jede Menge im alten „Central“, das ich gestern besichtigt habe. Museen, in denen man sich Tage lang aufhalten könnte, Restaurants mit delikaten Speisen, Hochhäuser und Straßenzüge, die diese Pracht kräftig nach unten ziehen, ja, diese Stadt hässlich machen und trotzdem gehört sie mit zu einem Besuch von Peru, fast ein Drittel der Bevölkerung lebt hier.
Im Stadtteil „Miraflores“ wohnt man sehr schön, ist von meiner Bleibe in 10 Minuten an der gigantischen Steilküste, Lima schwebt mit 161 m über dem Meeresspiegel, entsprechend steil fällt es an dem Pazifik ab. Das Meer rauscht mit aller Wucht grollend an die steinige Küste, einige moderne Bauten kleben an den Felsen und lassen von dort einen herrlichen Blick zu, der Wind kühlt ein wenig die heiße Luft. Für mich war dies der Ort des Durchatmens geworden, nicht wirklich ruhig, trotzdem erholsam nach den stickigen Besichtigungstouren.
Gelandet bin ich vor vier Tagen sehr spät, hinzu kam eine endlose Schlange an der Passkontrolle, große Maschinen aus Paris, Miami, Santiago etc. waren alle gleichzeitig gelandet. Zum Glück hatte ich ein Taxitransfer über das Hostel gebucht, sodass ich von Fernando empfangen wurde. Schon der Flughafen war völlig überlaufen, dies um 22 Uhr. Fernando stellte mich mit meinem Koffer an einen Pfosten ab, er musste sein Parkticket bezahlen, doch nicht nur er, 20 Minuten stand ich dort wie festgewachsen und beobachtete diese Szene.
Endlich war ich völlig ausgehungert im Hostel angekommen, fragte nach einem kleinen Lokal in der Nähe. Ja, 3 Häuserblocks weiter sind viele kleine Bars, da kannst du beruhigt hingehen, was ich ganz gegen meine sonstige Gewohnheit auch tat.
Tomaten-Bruscetta und ein Glas Rotwein zum Runterkommen. Im Reiseführer hatte ich zuvor gelesen, dass man als Frau nicht alleine in eine Bar gehen soll – man wird als leichte Beute angesehen. Nicht ich, hier sind nur junge fesche Leute, die mich vielleicht etwas schief anschauen oder ich bilde mir dies vielleicht auch nur ein! Sehr laut und stylisch ist es hier, Peru?
Auf meiner Reise bin ich schon so mancher Großstadt zum ersten Mal im Dunkeln begegnet; jedes Mal etwas verwirrend, doch gleich in einer Bar bin ich wirklich noch nicht gelandet. In meinem netten Hostel bin ich wieder sicher angekommen und schlief prächtig in meinem netten Zimmer ein.
Den ersten Tag verbrachte ich damit, wie immer zu Fuß Miraflores zu erobern, wanderte durch die großen Straßen und kam an der Steilküste an. Vor mir lag ein Abgrund von 160 Metern, eine breite viel befahrene Straße trennte den steinigen Strand von dem Pazifik. Große lang auslaufende Wellen donnerten auf die Steine, die mit lautem Grollen darauf antworteten.
Farbige Mosaik geschmückte Mauern trennten den Abgrund ab, einige Zeit brauchte ich um diesen Platz in deren Mitte eine Skulptur stand zu verstehen, dargestellt wurde ein sich küssendes Liebespaar. Plaza de Amore! Es war Samstag, entsprechend viele „Amore“ Pärchen hielten sich dort auf den Mauern sitzend auf. Viel zu viele Touristen störten sie bei ihrem Date.
Immer wieder schwebten Gleitschirme am Rand der Steilküste an mir vorbei, dies wollte ich mir genauer anschauen. Von einem grünen Plateau starteten sie im Tandem Flug immer mit einem Profi und einem zahlenden Gast. Lange stand ich fasziniert dort, das möchte ich einmal machen, aber traue ich mir das auch wirklich? Mein Nachbar kam mir in den Sinn, der sich dabei beide Beine gebrochen hatte und lange im Rollstuhl saß. Solche Gedanken sind nicht gerade Mut machend, also erst einmal beobachten, wie sie wieder landen. Ups, Beine hoch und hart auf dem Hintern landen. Das muss ich mir noch einmal überlegen, morgen ist auch noch ein Tag.
Inzwischen sitze ich ohne Gleitschirmflug in Cuzco, den Schweinehund hätte ich gleich überwinden sollen, am nächsten Tag war ich am ganz anderen Ende von Lima und am Abend flogen sie nicht mehr.
An diesem Samstag lief ich eine lange Strecke an dieser Steilküste entlang, vorbei an Tennisplätzen in schwindelnder Höhe, etlichen Baustellen, die es zu Hauf in dieser Stadt gibt, gearbeitet wird auch am Wochenende, bis zu einem an der Steilküste angeheftetem Einkaufszentrum „Larcano“. Die Lage natürlich grandios, entsprechend überfüllt war es dort, doch mein hungriger Magen und der grandiose Blick zog mich in ein Balkon Restaurant, unter mir die freifliegende Steilküste. Ein Platz zum Verweilen und Entspannen beim Blick über den Pazifik mit seinen langgezogenen Wellen und den Surfern. Ja, es zieht mich immer wieder ans Meer!
Am nächsten Morgen wollte ich in den historischen Badestadtteil Barranco mit dem Bus fahren, fand leider nicht die richtige Linie, stieg daher in ein Taxi. Der Fahrer brachte mich mit Spanisch – Englischen Erklärungen zum Marktplatz, zu dem ziemlich herunter gekommenen Stadtteil von Lima.
Wieder erforschte ich alle Gassen und Gemäuer, lief durch revolutionäre Straßenzüge, die mit Plakaten an großartige Zeitgenossen erinnerten und gelangte durch ein talwärts gezogenen Treppenweg direkt ans Meer. Sonntag, 9 Millionen Menschen genießen ihr Wochenende, davon gefühlt eine Mio. an diesem Küstenabschnitt mit ein wenig Sand. Mit eigenen Augen hatte ich so eine stehende Fülle im Wasser noch nicht erlebt. An einer Stelle ragte der Rettungsschwimmer Turm über den tausend Schirmen heraus, nur das Meer konnte man nicht mehr sehen. Etwas weiter schalte laute Musik zu mir herüber, natürlich wollte ich wissen was dort los war. Fünf Mädels tanzten nach rockiger Musik auf der Bühne gymnastische Formen vor, während unten meist Frauen versuchten es ihnen nachzumachen. Gymnastik im Massenformat! Lima macht sich fit! Die meisten Menschen sind Übergewichtig, nur die ganz Jungen scheinen Wert auf eine gute Figur zu legen.
Mir wurde es nach einiger Zeit zu viel, entschied mich für den Küstenweg, wollte ich vor allem die Jetty mit einem berühmten Lokal, so wurde es mir erzählt, darauf, erkunden. Es war ziemlich heiß an diesem Sonntag, sodass ich einige Pausen am steinigen Strand einlegte, nicht zuletzt um ein paar Spritzer Wasser als Erfrischung abzubekommen.
Die Jetty war wunderschön anzusehen, doch das Lokal zu teuer und abgehoben, entsprechend war auch der Fuhrpark auf dem Parkplatz davor. Also erklomm ich wieder die Steilküste, die ich in langsamen Schritten trotzdem schneller erkletterte als so mancher junger Mensch. Mit den Kauf neuer Flip Flops, mit den alten rutschte ich schon wieder aus, genoss ich an diesem Abend die Ruhe meines kleinen Zimmers.
Montag, mein letzter Tag in Lima, wollte ich mich dem kulturellen Teil dieser Stadt widmen. Dazu musste ich das historische Zentrum in der Mitte der City aufsuchen. Den passenden Bus fand ich zwar, doch war dieser so überfüllt, dass ich mich für ein Taxi frei winkend von der Straße entschied. So saß ich in einem ziemlich heruntergekommenen Auto, fühlte mich auch hier nicht wirklich wohl, signalisierte dem Fahrer, dass ich genau weiß wo ich bin und welche Richtung er zu fahren hat. Gelesen hatte ich genug von Taxifahrern, die Touristen gerne entführen und ausrauben. Doch dieser Taxifahrer entpuppte sich als sehr hilfsbereit und duldsam; Stau ohne Ende. Eine Stunde brauchten wir für diesen Weg, heute 10 Minuten!
So landete ich auf dem Plaza de Armas in Front des Palastes Gobierno, dem Präsidenten Palast. Pünktlich um 12 Uhr startete die Wachübergabe, ein Konzert mit Bläsern, Pauken und Trompeten, Soldaten in weißroten Uniformen marschierten über den Platz, während das Orchester ein wahres Konzert gab. Ein Schauspiel, das von vielen Menschen beobachtet wurde. Danach besichtigte ich die herrlichen Bauten, wie Santo Domingo, La Catedral und von außen diverse prächtige Paläste aus vergangenen Blütezeiten.
Wieder nahm ich mir vor mit dem Metrobus zurück zufahren und lief durch eine endlose und hässliche Einkaufsstraße mit tausend Billigläden, entsprechende Menschen begleiteten meinen Weg. Centralstation hatte ich zwar erreicht, doch wieder warteten hunderte von Menschen auf den Einstieg, sodass mir ein Taxi die bessere Idee erschien. Ich wollte nur weg aus diesem lauten und stinkenden Gewirr, das mich kaum atmen ließ. So zog es mich wieder an die Steilküste. Mit hungrigem Magen begab ich mich wieder an den gleichen Punkt wie am ersten Tag, genoss die frische Luft und ein kleines Dinner.
Nun sitze ich in Cuzco, eine weitaus kleinere Stadt, doch nicht gerade mit weniger Leben und Autoabgasen, dazu noch diese Höhe. Meine Bleibe ist wieder einmal eine kleine Oase, scheine eine wahre Spürnase für diese Unterkünfte entwickelt zu haben. So werde ich jetzt auch erst einmal meine Nacht mit Schlaf genießen.